Mipim: Laisser-faire und Partystimmung

Am Dienstag öffnet die Mipim in Cannes ihre Pforten. Seit ihren Anfängen im Jahr 1989 hat sich die renommierte Immobilienmesse deutlich verändert. Veteranen aus Österreich plaudern aus dem Nähkästchen.

Als 1989 im Palais des Festivals in Cannes die Mipim zum ersten Mal stattfand, war es noch eine Messe, die hauptsächlich von französischen Teilnehmern geprägt war, außerhalb der Wahrnehmung internationaler Immobilienunternehmen. 25 Jahre gibt es die renommierte Immobilienmesse mittlerweile, doch erst so um die Jahre 1999/2000, schätzt Ingrid Fitzek, 2001 als Leiterin des Marketing in der WED Donau-City Gesellschaft zum ersten Mal dabei, wurde das Event auch für die Österreicher interessanter und wichtiger. Wobei es auch einige „early birds“ gab, wie etwa Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult, der bereits 1991 als Leiter der Sparte Immobilien einer Tochtergesellschaft der Creditanstalt die Messe besuchte. 1993 und 1994 war er sogar gemeinsam mit Alexander Maculan als Aussteller in Cannes. Bondi gehört wohl zu den treuesten österreichischen Teilnehmern, seit den Anfängen: „Wenn ich mich recht erinnere, habe ich die Messe nur dreimal versäumt.“

Eine andere Liga

Erstaunt hat ihn am meisten, „wie die Messe jedes Jahr gewachsen ist und immer mehr Aussteller und Besucher gekommen sind“. Damals waren viele der Österreicher noch lange nicht so erfahrene Immobilienprofis wie heute, und so meint Michael Reinberg, Geschäftsführer von Reinberg und Partner, rückblickend: „Beeindruckt hat mich, dass das eine ganz andere Liga war, als die, in der ich üblicherweise tätig war.“ Ironisch erinnert er sich an einen bleibenden Eindruck seines ersten Messebesuchs: „Das lustigste Erlebnis war, wie ich festgestellt habe, wie viel eine Eintrittskarte kosten kann.“ Internationale Verhältnisse eben, an die sich die Österreicher erst gewöhnen mussten: zigtausende Besucher, „Chaos bei Flügen, Hotels, Transfers und Restaurantbuchungen“ so Markus Neurauter, Geschäftsführer der Raiffeisen Evolution. Die Hotels waren so überlaufen, wird kolportiert, dass sich selbst Wiens damaliger Vizebürgermeister Bernhard Görg mit einem Bett in einem Studentenheim zufriedengeben musste.

Überhaupt hatte die Mipim seit jeher eine eigene Atmosphäre. Während die später aufkommende Expo Real in München mit deutscher Gründlichkeit als Arbeitsmesse bezeichnet wird, diente sie seit ihrer Gründung eher der Kontaktpflege, den Gesprächen und dem Erfahrungsaustausch – also eigentlich dem Laisser-faire, was sicherlich auch mit dem Flair der südfranzösischen Riviera zu tun hatte.

Zum Abendessen nach Nizza

Dieser Eindruck deckt sich auch mit den Erfahrungen, die Peter Ulm, Vorstand der 6B47, in den frühen Messejahren gemacht hat: „So viel wie ich heute in einer Nacht in Cannes schlafe, so viel habe ich früher während der ganzen Mipim geschlafen.“ Ulm gibt sich geläutert und berichtet, dass es auch den anderen Teilnehmern nicht anders geht: „Heute triffst du die Kollegen in der Früh beim Laufen.“ Termine wahrnehmen und sich die Nächte um die Ohren schlagen war zwar das Flair, das der Messe anhaftete, nicht aber jedermanns Sache. So erinnert sich etwa Stefan Brezovich, Vorstand der ÖRAG: „Das erste Mal, als ich als junger Prokurist dort war, waren mein damaliger Chef und ich am Abend bei zwei Events eingeladen, er aber meinte: ,Sparen wir uns das. Fahren wir lieber nach Nizza in Ruhe Abendessen‘.“ Eines hat sich aber nicht verändert, wie Friedrich Wachernigg, Vorstand der sImmo AG, bemerkt: „Damals wie heute ist es die gleiche katastrophale Location, und die Luft im Keller ist unglaublich schlecht.“ Neurauter hingegen war das ziemlich egal, da sich das Wichtigste ohnehin auf den Booten im Hafen abgespielt hat. „Jachtpartys ohne Ende, man hatte den Eindruck, die Messe findet eigentlich dort statt.“

Auswirkungen der Krise

Das hat sich spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise geändert, die in den Folgejahren zu einem deutlichen Einbruch bei den Besucherzahlen geführt hat. Peter Oberlechner von Wolf Theiss Rechtsanwälte kann dem aber auch etwas Gutes abgewinnen: Nicht nur, dass es in den ursprünglich immer besetzten Hotels, Restaurants und Bars plötzlich hinreichend Platz gab, auch die Gigantomanie sei merklich verschwunden und die Erwartungshaltung nicht mehr so überzogen wie während der Goldgräberstimmung, berichtet er: „Die Zeit der fantastischen und monströsen Projektideen aus einigen Staaten ist vorbei, und die Leute sind realistischer geworden.“

Ähnlich äußert sich Wachernigg: „Utopische Projektentwicklungen an Orten, die man oft gar nicht gekannt hat, sind kaum mehr auf der Messe vertreten.“ Bei den Teilnehmern reduzierte sich das Feld weitgehend auf „die erfahrenen Manager, die nach Lösungen, und nicht mehr nach weiteren Expansionen suchten“, so Bondi. Eine neue Sachlichkeit sei eingekehrt und es scheint der Messe gut zu tun, „auch wenn sie damit weniger unterhaltsam ist“, wie Oberlechner nachdenklich anmerkt.

AUF EINEN BLICK

Im Jahr 1989 fand die erste Mipim statt; aus 2000 Teilnehmern – vornehmlich aus Frankreich – wurden mit den Jahren 20.000 Teilnehmer aus allen Teilen der Welt. Die Messe erlebte ihre Höhepunkte in den Jahren 2005–2007, bis es 2009/2010 im Zug der Finanzkrise zu einem Einbruch kam.

Dem folgte ein Stimmungswandel in der Branche. Weg von der euphorischen gigantomanischen Darstellung hin zu einer gemeinsamen Suche nach Alternativen, Auswegen und neuen Ansätzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2014)

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