Breitspurig bis nach Wien

Putin-Besuch bereitet Verlängerung des russischen Bahnnetzes vor.

wien. Die ersten Vorgespräche sind geführt. Nun soll es im Rahmen des Besuchs von Russlands Präsident Wladimir Putin in Wien zur Sache gehen. Moskau will seine Breitspur-Bahn bis in den Raum Wien-Pressburg führen. Geplant ist, dass im Marchfeld oder in Bruck an der Leitha ein großes Logistikzentrum entsteht, das zum Umschlagplatz des Handels zwischen Westeuropa und Asien wird. Die russische Bahnspur ist um rund zehn Zentimeter breiter als die europäische.

Diplomaten verweisen darauf, dass Putin bei seinem Österreich-Besuch nicht zufällig von seinem Vertrauten und Chef der russischen Eisenbahnen, Wladimir Iwanowitsch Jakunin, begleitet wird. Moskau hat immenses Interesse an einer solchen Verkehrsanbindung an den Westen. Und auch Österreich könnte laut Experten der Industriellenvereinigung (IV) davon profitieren. Rund acht Millionen Tonnen an Waren würden nach Schätzungen der IV hier jährlich verladen. Das sei ein gewaltiges Potenzial an Arbeitsplätzen und wohl auch eine Chance für heimische Zulieferbetriebe, die leichter als bisher nach Russland und China exportieren könnten.

Großes Entwicklungspotenzial

Thomas Oliva, Geschäftsführer der IV Wien, sieht für die Region Wien-Pressburg ein erhebliches Entwicklungspotenzial. „Hier laufen viele Verkehrswege zusammen: Die Donau-Schifffahrt, das Straßennetz, zwei Flughäfen und die Bahn auf der Normalspur in Richtung Westen.“

Oliva erwartet, dass sich das Projekt schrittweise entwickelt. So könnten die vorhandenen Verkehrsanbindungen in Pressburg und im Raum Wien – etwa die Donauhäfen oder der Verschiebebahnhof Kledering – genutzt werden. Der wichtigste Schritt sei aber die Investition in eine Fortführung der russischen Breitspur vom Osten der Slowakei bis vor Wien. Dabei würde eine rund 480 Kilometer lange Verbindung geschaffen werden. Um die Kosten zu reduzieren, könnten vorhandene Trassen adaptiert werden, in dem ein Vierschienengleis den Verkehr von Zügen beider Spurbreiten ermöglicht. Erste Kostenschätzungen belaufen sich auf 800 Millionen Euro.

Russland hofft auf die Anbindung, weil es wegen seiner boomenden Wirtschaft an Kapazitätsgrenzen der eigenen Verbindungen gerät. Vor allem die Nordseehäfen können kaum noch mit dem wachsenden Handel mithalten. Außerdem wird eine Alternative zur Konkurrenzstrecke über Weißrussland und Polen gewünscht.

Die slowakische Regierung wurde bereits zugunsten des Streckenausbaus überzeugt. Österreich möchte gerne, dass auch Pressburg von der Anbindung profitiert, heißt es in Regierungskreisen. Die Breitspurstrecke war deshalb auch Thema beim jüngsten Wien-Besuch des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico.

Bei der ÖBB gibt man sich zu dem Projekt zurückhaltend. Es gebe noch keine Arbeitsgruppe, die sich mit der Vorplanung befasse, hieß es auf Anfrage der „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2007)

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