Transport: Mit dem Zug statt per Schiff nach China

(c) AP (Fabian Bimmer)
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Containerschiffe zwischen Europa und Asien gehören zum Alltag. Nun wollen sich die Bahnen einen Teil des Geschäfts schnappen. Die ÖBB sind über eine Kooperation dabei.

wien (jaz).Egal ob T-Shirts, DVD-Recorder oder Industriemaschinen. Dass viele Produkte „made in China“ sind, ist in Europa inzwischen gang und gäbe. Entsprechende Zunahmen gab es daher in den vergangenen Jahren bei der Zahl der zwischen Asien und der EU transportierten Container. Sie verdreifachte sich seit 2003 fast auf nunmehr rund 18 Mio. Container pro Jahr. Profiteur dieser Globalisierung ist die Transportwirtschaft – und hier vor allem der Seeverkehr. Denn der Containertransport wird bislang so gut wie ausschließlich per Schiff abgewickelt. Nun wollen sich die Bahnunternehmen einen Teil dieses Marktes schnappen und bieten Containerzüge nach China an.

Vor kurzem hat eines dieser Projekte den regelmäßigen Verkehr aufgenommen. Einmal pro Woche schickt das in Wien beheimatete Unternehmen Far East Land Bridge (Felb) inzwischen einen Zug von Mitteleuropa nach Nordchina und retour. Die ÖBB-Tochter Rail Cargo Austria (RCA) ist dabei für die Verteilung und Einsammlung der Container in Österreich und Süddeutschland verantwortlich.

Halb so lange Dauer wie Schiff

„Wir wollen mit dem Schiff nicht in den Küstenregionen konkurrenzieren, da haben wir preislich keine Chance. Aber beim Transport von Binnenregion zu Binnenregion sind wir ungefähr auf demselben Niveau“, sagt Thomas Kargl, Leiter des Wiener Hauptquartiers von Felb. Zudem habe der Bahntransport einige Vorteile gegenüber den Containerschiffen. So dauert auf der Strecke Mitteleuropa-Nordchina die Zugsfahrt von „Haustür zu Haustür“ rund 19 Tage. Der gleiche Transport mit dem Schiff sowie dem vor- und nachgelagerten Lkw- oder Bahntransport benötigt gut sechs Wochen. Mit 11.000 Kilometern ist die Strecke über Land auch nur etwa halb so lang wie per Schiff.

Außerdem bleibt der Zug ständig in derselben Klimazone. Das Schiff fährt indessen zeitweise auch im tropischen Klima. Aufgrund des Temperaturwechsels bildet sich dabei Kondenswasser innerhalb der Container, was bei metallischen Waren einen speziellen Korrosionsschutz erfordert.

Durchgeführt wird der Transport von den jeweiligen Staatsbahnen in China und Russland sowie von der Raaberbahn in Ungarn. Der Wechsel zwischen der Normalspur, die in Europa und China verwendet wird und der Breitspur in der Ukraine und Russland ist laut Kargl dabei kein großes Problem. „Das dauert bei einem ganzen Zug zwei Stunden. Die Zollformalitäten an der Grenze dauern länger.“ Auch die Sicherheit ist bei den Containerzügen ein Thema: In Russland und der Ukraine fahren Wachmänner mit.

In den bisher bereits abgewickelten Zügen wurden hauptsächlich Autoteile für die Autoproduktion nach China sowie chinesische Elektronik nach Europa transportiert. Für 2009 ist geplant, 50.000 Container zu transportieren. „Das mögliche Potenzial sind aber Millionen von Containern. Der Erfolg hängt natürlich auch davon ab, ob die russischen und chinesischen Behörden die technisch machbare Beschleunigung organisatorisch ermöglichen“, sagt RCA-Vorstand Friedrich Macher.

MÁV-Cargo ohne Raaberbahn

Den Transport in Ungarn will die RCA auch nach der bevorstehenden Übernahme der MÁV-Cargo gemeinsam mit der Raaberbahn machen. „Die Raaberbahn wird ja aller Voraussicht nach nicht bei der Übernahme der MÁV-Cargo dabei sein. Wir werden die Zusammenarbeit mit ihr aber neu planen“, sagt Macher.

Auf einen Blick

18 Mio. Container werden pro Jahr zwischen der EU und Asien hin- und hertransportiert. Bislang erfolgte dies nahezu ausschließlich per Schiff.

Bahnunternehmen wollen nun eine Alternative anbieten und über Russland nach China fahren. Dies soll vor allem aus Mittel- und Osteuropa konkurrenzfähig sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2008)

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