Gold als letzter sicherer Hafen

(c) REUTERS (Bobby Yip)
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Während Aktien und Währungen durchgerüttelt werden, legt Gold die beste Performance seit Jahren hin. Das Edelmetall profitiert verstärkt von Unsicherheiten und der Notenbankpolitik.

Wien. Sechs Tage nach dem Brexit-Votum werden die Börsen noch immer von Nachbeben erschüttert. Nur eine Anlage konnte von der gewaltigen Unsicherheit auf den Märkten bisher wirklich profitieren: Gold, das seine Bedeutung als Versicherung in einem Portfolio in diesen Tagen unter Beweis stellt – und sich nach langer Zeit wieder nördlich von 1300 Dollar pro Unze festsetzen konnte.

Aber der Brexit und die Börsenturbulenzen dieser Tage sind nur ein ganz kleiner Teil der Geschichte, die Gold in diesem Jahr bereits zu erzählen hat. Tatsächlich ist der Goldpreis seit Jahresbeginn bereits um beachtliche 25 Prozent gestiegen. Grund genug für einige Experten, das Ende des seit 2013 laufenden Bärenmarktes im Gold auszurufen. „Im Dezember 2015 wurde ein Doppelboden bei 1046 Dollar ausgebildet. Das war aus unserer Sicht der Tiefststand des Bärenmarktes“, sagt Ronald Stöferle, Fondsmanager bei Incrementum in Liechtenstein.

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Es geht gar nicht ums Gold

Am Dienstag präsentierte er gemeinsam mit seinem Partner, Mark Valek, den bereits zehnten Goldreport aus der Feder der beiden Wiener. Die Studie mit dem bezeichnenden Titel „In Gold We Trust“ gilt inzwischen als Standardwerk in der Branche. Auf 160 Seiten fassen Stöferle und Valek zusammen, warum Gold aus ihrer Sicht vor einem langjährigen Aufwärtstrend steht.

Behalten sie recht, sollte das Metall seine letzten Hochs aus dem Jahr 2011 (rund 1900 Dollar pro Unze) hinter sich lassen und das inflationsbereinigte Allzeithoch von rund 2300 Dollar ansteuern – und zwar binnen zwei Jahren. „Gold ist wieder in einem Bullenmarkt – man kann also von nachhaltigen Preisanstiegen ausgehen. Das erkennt man schon an den technischen Faktoren“, sagt Stöferle. „Auch Minenaktien sind jetzt wieder sehr interessant.“

Dass die Notenbanken seit dem Brexit wieder in den Panikmodus geschaltet haben, passt ins Bild. „Die Wirtschaftsdaten haben sich schon vor dem Votum auf breiter Front eingetrübt“, sagt Valek. „Wir glauben, dass der Dollar Anfang des Jahres schon gedreht hat – wir sollten uns daher auf einen schwächeren Dollar und steigende Rohstoffpreise einstellen. Die medial aufgebaute Zinswende in den USA ist kläglich gescheitert.“

Das ist der springende Punkt beim Gold: Es geht in der Analyse praktisch nie ums Gold selbst. Das Metall liegt ja meist nur herum. Anders als beim Silber ist Gold auch industriell nicht von Bedeutung – und daher weniger abhängig von der Konjunktur. Kurz: Es ist dank seiner Unzerstörbarkeit und der jahrtausendealten Geschichte das perfekte Sparvehikel in unsicheren Zeiten. Die Notenbanken haben, ob absichtlich oder nicht, das perfekte Umfeld für Gold geschaffen. „Früher hieß es, Gold zahle keine Zinsen. Heute muss es heißen: Gold kostet keine Zinsen“, so Stöferle.

Im Euro steigt Gold seit 2014

In Zeiten negativer Leitzinsen kostet plötzlich auch die Lagerung von Cash Geld, statt Zinsen abzuwerfen. Dazu kommt, dass auch die Realzinsen (also Zinsen abzüglich Inflationsrate) wieder in den negativen Bereich drehen (siehe Grafik). „Das ist eigentlich das perfekte Umfeld für Gold, wie auch die Geschichte zeigt“, sagt Stöferle. Langfristig betrachtet liege die jährliche Performance von Gold bei sechs bis sieben Prozent. Und zwar egal, in welcher Währung.

Hier gibt es aber schon Unterschiede zu beachten. So hat der Bullenmarkt im Euro schon Anfang 2014 wieder die Arbeit aufgenommen, während er im Dollar noch zwei Jahre auf sich warten ließ.

„Das zeigt, dass vor allem der starke Dollar und die zu erwartende Zinswende in den USA für den fallenden Goldpreis verantwortlich waren“, so Valek. „Aber diese Zinswende wird immer weiter hinausgeschoben.“ So wären die Marktteilnehmer Ende 2015 noch von einer ganzen Reihe von Zinsschritten in 2016 ausgegangen. Aber bisher ist nichts geschehen. „Stattdessen blickt man wieder in die andere Richtung. Sogar Zinssenkungen halten wir für möglich.“

Ein entscheidender Punkt: Die Notenbanken wollen Inflation erzeugen. Und das wird ihnen gelingen – notfalls durch den Einsatz von Helicopter Money, glauben Stöferle und Valek. Heißt: Auch ohne Überraschungen sollte Gold weiter vom Umfeld profitieren. Und als letzter sicherer Hafen ist es auch für neue Schocks bereit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2016)

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