Warum Künstlerinnen „nix“ kosten

 Aussschnitt aus "Die Achse des Guten", Franziska Maderthaner, 2015
Aussschnitt aus "Die Achse des Guten", Franziska Maderthaner, 2015(c) Ressler
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In Wien sorgt eine Auktion mit Kunst von Frauen für Aufregung. Sie ist ein riskantes Statement. Die Sammlerschaft ist männlich.

Für Diskussionen sorgt derzeit eine Auktion, die nur Kunst von Frauen anbietet. Der auf Moderne und Zeitgenossen spezialisierte Wiener Auktionator Otto Hans Ressler will damit auf die unbestrittene Unterbewertung von Künstlerinnen aufmerksam machen.

Und es wird bereits heftig gestritten: Ob gerade Pink die angemessene Farbe für das Cover dieses „Künstlerinnen“-Katalogs ist. Ob die durchgehend niedrigen Ausrufungspreise (ab 500 Euro) tendenziell kleinformatiger Werke die Geringschätzung nicht nur bestätigen, sondern verstärken. Ob eine Ghettoisierung von „Frauenkunst“ in eigenen Auktionen ein kontraproduktiver Marketinggag ist.

„Werde das nicht erleben“

Die Vernissage der Ausstellung Mittwochabend im Ostlicht in der Ankerbrotfabrik ging jedenfalls ohne „Guerilla Girls“-Proteste über die Bühne; die erste Rektorin der Kunst-Akademie, Eva Blimlinger, sprach eher versöhnliche Worte. Die fehlende Präsenz der Künstlerinnen lasse sich schlicht durch die historische Entwicklung erklären, schließlich waren Frauen von den traditionellen Kunstakademien jahrhundertelang ausgeschlossen. Erst seit den 1920er-Jahren habe sich das auf breiter Basis geändert, so Blimlinger. Die Situation verändere sich, es werde allerdings noch dauern, bis in den Top-Künstler-Rankings die Hälfte Frauen wären – „dass ich das noch erleben werde, glaube ich nicht“, sagte die Rektorin zur „Presse“.

Im aktuellen Artfacts-Ranking sind nur zwei zu finden, Cindy Sherman (4) und Rosemarie Trockel (9). Wobei in diesen Rankings nicht nur der Marktpreis berücksichtigt wird, sondern eine Mischkulanz aus Ausstellungen, Auktionen und Galeriepräsenzen bewertet wird. Und auf institutioneller Ebene – Ausstellungen in Museen, Professuren an Kunst-Unis – hat sich durchaus einiges geändert, denkt man etwa an die Vorreiterrolle der neu eröffneten Tate Modern London, wo die Dauerausstellung von Künstlern und Künstlerinnen gleichberechtigt bestritten wird. Derlei Achtsamkeit geht Hand in Hand mit dem Vorrücken der Frauen in die Führungsebene der wichtigsten Museen. Auch hier ist die Tate ein Paradebeispiel: Nicht nur die Tate Modern hat seit Kurzem mit Frances Morris die erste weibliche Direktorin. Mit Maria Balshaw hat sie seit dieser Woche auch eine Chefin – Balshaw wurde zur ersten weiblichen Generaldirektorin des Tate-Museums-Konglomerats ernannt.

In Österreich wäre das keine Schlagzeile mehr wert, hier sind die Führungspositionen der Bundesmuseen seit Längerem überwiegend weiblich besetzt (fünf zu zwei!). Was hierzulande allerdings nicht von einer Welle an Künstlerinnen-Einzelausstellungen begleitet wird. In diesem Sinn ist das Programm des New Yorker Museum of Modern Art heuer herausragend (abstrakte Malerinnen, Louise Lawler, Cathy Wilkes, Louise Bourgeois, Carolee Schneemann).

Der Kunstmarkt hinkt all diesen Entwicklungen auf all diesen Ebenen international wie national auffällig hinterher. Sind bei mittleren Galerien die Frauenanteile zwar im Steigen (bei Christine König Wien beträgt er ein Drittel, bei Krinzinger ein Viertel), sieht es bei großen Playern wie Ropac und Gagosian völlig anders aus (sieben von 60 bzw. 17 von 110). Verständlich, wenn man sich das Preisgefälle betrachtet: Der höchste (bekannte) Preis für ein Gemälde beläuft sich auf 300 Millionen Dollar (Willem de Kooning). Der höchste Preis, den eine Künstlerin bisher erzielen konnte, beträgt 44 Mio. Dollar – für die zurzeit im BA-Kunstforum ausgestellte „Weiße Blume“ von Georgia O'Keeffe.

Die Zehn-Prozent-Quote zieht sich durch den ganzen Auktionsmarkt, nicht nur das Spitzensegment. In der Zeitgenossen-Auktion des Dorotheums von Juni 2016 etwa waren von 172 Künstlern nur zehn Prozent Frauen. Hätte Ressler in seine Künstlerinnen-Auktion also zehn Prozent Männer eingeschleust, wäre das vielleicht das elegantere Statement gewesen. Die Auktion bleibt ein unternehmerisches Risiko. Denn Angebot wie Nachfrage werden auf dem Auktionsmarkt von Männern bestimmt. Die den Großteil der Kunstwerke einbringen, die sie zum Großteil auch wieder kaufen. Sammlerinnen sind selten. Noch seltener sind nur noch Sammlerinnen, die vermehrt Künstlerinnen kaufen.

„Künstlerinnen“-Auktion: Ressler Kunst Auktionen, Mo, 23. 1., 18.30 Uhr, Vorbesichtigung täglich 12–18 Uhr, Absberggasse 27, Wien 10.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2017)

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