Nachruf

Abschied von einem vielseitig Begabten

Helmar Dumbs an der Kontragitarre.
Helmar Dumbs an der Kontragitarre.(c) Claudia Schreiner
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Helmar Dumbs, langjähriger außenpolitischer Redakteur, Musikrezensent und Chef vom Dienst der „Presse“, ist im Alter von 39 Jahren nach kurzer schwerer Erkrankung gestorben. Er war ein leidenschaftlicher Journalist und unermüdlich-frohsinniger Sammler neuer Erfahrungen.

Am 1. Jänner schrieb Helmar Dumbs seinen letzten Leitartikel: pointiert, kenntnisreich, stilistisch brillant, mit trockenem Humor und um Optimismus bemüht, wie es seine Art war. Wie viele Chancen Donald Trump wohl noch brauchen wird?, fragte er. Am 12. Jänner lag zum letzten Mal die Homepage der Presse „bis 18.48 in seinen Händen“, wie er gern formulierte. Am 26. Februar ist unser Kollege nach kurzer schwerer Erkrankung verstorben. Im Sommer wäre er 40 geworden.

Die Redaktion trauert. Sein Tod reißt ein Loch in unsere Gemeinschaft. Helmar Dumbs war ein vielseitiger und leidenschaftlicher Mensch, ein unermüdlicher Sammler von Wissen und Erfahrungen, immer auf der fröhlichen Suche nach dem Neuen. Er liebte die Sprache, die Musik, die Natur, das Klettern, Wandern und Langlaufen, die Gaumenfreuden. Er wollte sein Leben auskosten, seine Zeit nützen. Er war ein Genießer. Und er genoss auch harte Arbeit. Mit halben Sachen hielt er sich nicht auf. Alles, was er anpackte, machte er ganz – frohsinnig, beflissen und rastlos. Er ließ sich an- und aufregen, stand nie still. Er eilte im Laufschritt durch die Welt – und den Newsroom.

Helmar Dumbs begann 2004 als Lehrredakteur bei der „Presse“ und fasste rasch Fuß im außenpolitischen Ressort. Seine Fähigkeit, sich binnen kürzester Zeit in unterschiedlichste Materien zu vertiefen, erstaunte von Anfang an. Dieser gebildete Mann aus Leonding war ein Geschenk für den Journalismus: Er dachte klar, schrieb schnell und hatte einen enormen Interessensradius. Sein außenpolitisches Herz schlug für den Balkan, Osteuropa, den Nahen Osten und die Türkei, was ihm den Spitznamen „Hülmür“ einbrachte, den er wie einen selbstironischen Orden trug.

Er entschied sich für das Neue

Doch er wusste immer auch Bescheid, was im Rest der Welt vorging. Die zerknitterte „FAZ“ in der Tasche war schon in frühen Jahren sein ständiger Begleiter. An diesem Qualitätsmaßstab orientierte er sich. 2006 übersiedelte Helmar Dumbs für ein halbes Jahr als Berichterstatter nach Belgrad. Dort lernte er flugs Serbokroatisch – eine Selbstverständlichkeit für ihn. Acht Jahre später war er fix als „Presse“-Korrespondent in Berlin vorgesehen. Doch der Unermüdliche entschied sich anders, für das Neue: Er sprang aus der papierenen in die digitale Welt und wurde Online-Chef vom Dienst, ein beharrlicher und begeisterter CvD, sonntags auch oft für die Printausgabe.

Nebenbei schrieb er immer noch außenpolitische Kommentare und vor allem auch Musikrezensionen fürs Feuilleton: vorwiegend über klassische Konzerte, aber manchmal auch über Hard Rock: präzise und mit leichter, eleganter Feder. Helmar Dumbs kannte sich aus. Die Musik gehörte zu seinen Passionen: Vor Geschichte und Publizistik hatte er klassische Gitarre studiert. Er spielte bis zuletzt, nicht einfach nur so zum Spaß, sondern auf hohem Niveau: mit den Neuen Wiener Concert Schrammeln.

Helmar Dumbs hatte viele Talente: Das Kochen zählte zweifellos dazu. Für die Zutaten war ihm kein Weg zu weit. Das Fleisch holte er oft in großen Kühltaschen von seinem Lieblingsmetzger in Puchberg am Schneeberg, die kalabrischen Tropea-Zwiebeln aus einem Feinkostladen in der Wiener Ungargasse, die Salami aus Italien. In seinem Lieblingsfischlokal in Triest wollte er unbedingt einmal in die Küchenlehre gehen, aber der Patron war streng und sagte, zwei Wochen würden nicht reichen, er müsse mindestens vier bleiben. Das ging sich nicht aus.

Jeden Tag reichte er „Presse“-Kollegen selbst gebrühten Kaffee aus der Espressokanne, den vermutlich besten der Stadt. Nach dem Erdbeben von Amatrice kochte er in der Redaktion „Pasta amatriciana“, um Spenden zu sammeln. Mit gutem Essen wurde er von treuen Freunden auch noch in seinen letzten Wochen versorgt. Einem von ihnen erteilte er den Auftrag, „für die Dauer seines Aufenthalts doch bitte die Küche im AKH zu übernehmen oder dem Koch wenigstens eine Nachschulung zu verpassen“.

Wir verlieren einen humorvollen Kollegen, einen Engagierten und Hilfsbereiten, der sich für keinen Dienst zu schade war und mit jeder Faser für die Zeitung einsetzte, einen vielfach Begabten, einen uneitlen Klugen, Bescheidenen und feinfühlig Fördernden, der Neuankömmlinge mit offenen Armen aufnahm und Leistungen anderer neidlos anerkannte, einen wunderbaren, geistreichen, eigenwilligen und lebensfrohen Menschen mit ausgeprägtem Hang zum subversiven Witz. „Von meinem direkten NSA-Anschluss gesendet“, war immer unter seiner E-Mail-Signatur zu lesen. Leider werden wir keine Post mehr von ihm erhalten.


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