Schweizer Votum heizt rot-weiß-rote Minarett-Debatte an

Schweizer Votum heizt rot-weiß-rote Minarett-Debatte an
Schweizer Votum heizt rot-weiß-rote Minarett-Debatte an(c) APA (Barbara Gindl)
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VP-Innenministerin Maria Fekter will sich Ergebnis "ansehen". FPÖ-Strache erkennt eine "Vorbildwirkung", das BZÖ fordert bundesweites Verbot über Raumordnungsgesetze, für die Grünen ist das "beschämend".

Nach dem überraschenden Nein der Schweizer zu Minaretten wird auch in Österreich über Bauverbote für die umstrittenen islamischen Gebetstürme diskutiert. ÖVP-Innenministerin Maria Fekter sagte am Montag in Brüssel, dass man sich das Schweizer Abstimmungsergebnis "ansehen" werde. Freiheitliche und BZÖ machten sich in ihren Reaktionen auf das Schweizer Ergebnis für ein Minarettverbot stark, während die Grünen das eidgenössische Votum als "kleinliches und beschämendes Signal" verurteilten. Vonseiten der Wiener Baupolizei heißt es: In Österreich "kann man keine Lex Minarette machen.

Fekter: Religionsfreiheit und Raumordnung

Fekter sagte am Rande eines EU-Ministertreffens, bei dem scharfe Kritik an der Schweiz geübt wurde, dass in Österreich "grundsätzlich Religionsfreiheit" herrsche. Auf der anderen Seite "obliegt die Entscheidung, inwieweit Minarette ins Landschaftsbild passen, der Raumplanung" und damit den Bundesländern. Die Religionsfreiheit sei "verfassungsrechtlich anerkannt", betonte die ÖVP-Politikerin.

Strache: "Vorbildwirkung"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte dem Schweizer Votum bereits am Sonntagnachmittag "Vorbildwirkung" bescheinigt. Die Schweizer hätten "ein klares Zeichen gegen den radikalen Islamismus" gesetzt, so Strache. Die FPÖ werde weiterhin gegen den Bau von Minaretten eintreten. Der Tiroler FPÖ-Landesobmann Gerald Hauser fühlt sich durch das Schweizer Votum ebenfalls ermutigt. Er erinnerte daran, dass in Telfs 3500 Bürger gegen die Errichtung eines Minaretts unterschrieben hätten, das dann aber trotzdem gebaut worden sei. "Wir werden die fortschreitende Islamisierung Tirols weiterhin bekämpfen und versuchen, den beginnenden Aufbau einer islamischen Parallelgesellschaft zu verhindern", betonte Hauser.

BZÖ will "faktisches Verbot"

Das BZÖ forderte ein bundeseinheitliches faktisches Minarett-Verbot durch entsprechende Änderungen in den Raumordnungsgesetzen, wie im Vorjahr in Kärnten und Vorarlberg beschlossen. Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (B) sagte, dass dies "die einzige richtige Entscheidung" gewesen sei. Religionsfreiheit sei "zwar eine Selbstverständlichkeit", sie dürfe "nicht so weit gehen, dass nicht-christliche Religionsbauwerke in Kärnten, in Vorarlberg oder aber in der Schweiz errichtet werden". Der steirische BZÖ-Chef Gerald Grosz betonte vor dem Hintergrund des "Hilferufs" der Schweizer, dass man in Kärnten einen "sehr erfolgreichen und sachlichen Weg beschritten" habe. "Ohne Hysterie wurden die Raumordnungsgesetze geändert, der Bau von Minaretten unterbunden und damit eine emotionale Diskussion verhindert". Die österreichische Politik dürfe nicht so lange warten, bis sich die Bürger nur mit direkter Demokratie zu helfen wüssten.

Van der Bellen: "Keinen guten Dienst erwiesen"

Dagegen fühlt sich der außenpolitische Sprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, durch das Schweizer Votum um zwei Jahrhunderte zurückversetzt. Das Minarettverbot erinnere nämlich an das Toleranzedikt von Kaiser Josef II. (1780-90). "Da wurde es zwar geduldet, dass Protestanten ihre Religion ausüben - aber bitte keine Kirchen mit Türmen bauen", kritisierte der Ex-Parteichef. Es sei unverständlich, dass die menschenrechtswidrige Volksabstimmung überhaupt zugelassen worden sei. "Die Schweizer haben sich und Europa keinen guten Dienst erwiesen", befürchtet Van der Bellen eine "Nachahmung dieses beschämenden Signals" durch andere Staaten.

SPÖ: "Dialog mit den Menschen"

Bei der SPÖ reagierte bisher erst die Wiener Integrationssprecherin Nurten Yilmaz. Sie wies die Forderungen von FPÖ und BZÖ zurück. Integration werde nämlich "durch intensiven Dialog mit den Menschen und nicht durch Änderungen in der Bauordnung" gemacht, betonte sie.

Minarett-Verbot verfassungswidrig

Mit Bestürzung reagierte die evangelische Kirche. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker sprach von einem "Alarmsignal" und betonte, dass jede Moschee ein "Zeichen für gelungene Integration" sei. Eine "negative Vorbildwirkung" befürchtet auch der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld. Zu den rechtlichen Aspekten eines möglichen Minarett-Verbots sagte der Verfassungsexperte Heinz Mayer im Ö1-Mittagsjournal, dass nur eine Vorgangsweise über die entsprechenden Raumordnungsgesetze möglich wäre. Ein explizites Minarett-Verbot wäre dagegen verfassungswidrig. "Wenn die Maßnahme gezielt gegen ein religiöses Symbol gerichtet ist, ist das ein Eingriff in die Religionsfreiheit", betonte er.

Telfs: Bürgermeister besorgt

Der Bürgermeister der Tiroler "Minarett-Gemeinde" Telfs, Stephan Opperer (ÖVP), hat die Minarettverbot-Entscheidung in der Schweiz als "bedenklich" bezeichnet. Auch in seiner Gemeinde habe es eine Auseinandersetzungen wegen des muslimischen Gebetsturms gegeben. Inzwischen habe sich "das aber wieder beruhigt", erklärte Opperer am Montag. Man müsse den Menschen, egal welcher anerkannten Religionsgemeinschaft sie angehören, die Möglichkeit geben, ihre Religion zu leben und auszuüben, betonte der Ortschef. Das sei ein Grund- und Menschenrecht.

"Kein Lex Minarette in Österreich"

In Österreich "kann man keine Lex Minarette machen", zeigt sich Hannes Kirschner, der Leiter der Stabstelle bei der Wiener Baupolizei, überzeugt: "Alle Bestimmungen müssen gleichermaßen auch für Kirchtürme gelten."

"Durch die verfassungsmäßig garantierte Freiheit der Religionsausübung in Österreich gibt es auch ein verfassungsmäßiges Recht darauf, Moscheen zu bauen", heißt es an den zuständigen Stellen im Außenministerium. "Die konkrete Ausgestaltung einer Moschee muss sich nach der Bauordnung richten; die Bauordnung kann aber keine Vorgabe machen, wie eine Moschee - also ob mit oder ohne Minarett - auszusehen hat." Bestimmungen, die dafür Anwendung finden, sind strikt Ländersache.

(APA)

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