Die Caritas, der politische Arm der katholischen Kirche

Caritas-Präsident Michael Landau.
Caritas-Präsident Michael Landau.APA/HERBERT NEUBAUER
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Wer selbst politisch agiert, darf auch nach politischen Maßstäben gemessen werden. Es kommt allerdings auf den Ton an.

„Profitgier“ hat FPÖ-Klubchef Johann Gudenus der Caritas am Heiligen Abend unterstellt, FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker legte während der Weihnachtsfeiertage nach, sprach von der „Asylindustrie“, die die Caritas bediene. ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler rief beide Seiten zur Mäßigung auf – und wurde dann heftig dafür kritisiert, dass sie die Angreifer (die FPÖ) mit den Angegriffenen (der Caritas) gleichsetze.

Allerdings: Begonnen hat diesmal die Caritas. Am 23. Dezember beklagte Caritas-Präsident Michael Landau das „Empathiedefizit der Regierung“. Wichtiger als neuer Stil sei guter Stil. „Mit Sorge beobachten wir einen Klimawandel in unserem Land.“ Der Ton werde rauer, das Klima kälter. „Ich habe den Eindruck, hier ist der gesellschaftliche Wertekompass ein Stück weit abhandengekommen oder verrutscht.“

Deutliche Worte. Politische Worte. Nicht, dass die Kirche nicht schon seit jeher auch politisch gewesen wäre. Aber die Caritas ist heute der (ausdrucks-)stärkste politische Arm der katholischen Kirche. Wobei Landau üblicherweise noch relativ vorsichtig ist, austarierend nach allen Seiten. Klaus Schwertner hingegen, der Geschäftsführer der Caritas Wien, bringt etwa auf Twitter regelmäßig vor, was er von den Regierungsparteien, insbesondere der FPÖ, hält: wenig bis nichts.

Wer sich bewusst in die politische Arena begibt, darf auch nach politischen Maßstäben gemessen werden. Also kritisiert werden, wenn er Kritik übt. Dass eine Regierung, die den Verdacht hegt, dass NGOs wie die Caritas nicht nur ihren Neigungen nachgehen, sondern auch das Geschäft der Opposition betreiben (was streckenweise ja Hand in Hand geht), sich diesbezüglich auch zur Wehr setzt, sollte in einer Demokratie drinnen sein.

Allerdings kommt es auf den Ton an. Argumente wären gefragt, nicht schrille Polemik à la „Profitgier“ oder „Asylindustrie“. Die FPÖ bleibt hier ihrer Linie treu: durch möglichst unsachliche Kritik eine sachliche Debatte weitgehend verunmöglichen. Wenn Jörg Haider seinerzeit im Bierzelt gegen Ausländer hetzte, war eine seriöse Diskussion über die Zuwanderung und ihre Folgen schon nicht mehr führbar.

Dass sich die FPÖ und Organisationen wie die Caritas seit vielen Jahren in gegenseitiger Abneigung zugetan sind, ist offensichtlich. Nur dass die FPÖ eben mit dem Knüppel vorgeht und die Caritas es mit vielen Nadelstichen versucht.

Der Streitpunkt in jüngerer Zeit, auch mit Teilen der ÖVP, jedenfalls dem türkis geführten, war die Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik. Aus ihrem Selbstverständnis heraus ist die Linie der Caritas nachvollziehbar. Wenn die Caritas aber versucht, diese zur politischen Maxime für die Allgemeinheit, für Staat und Regierung zu machen, dann kann, darf und soll man hier Grenzen ziehen. Die Regierung, demokratisch legitimiert, wurde – mutmaßlich – für eine restriktivere Migrationspolitik gewählt. Wobei: Wenn der Eindruck nicht ganz trügt, sind die Ansichten der Caritas-Vertreter mittlerweile auch schon realistischer geworden als auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise.

Auch wenn es gern in Abrede gestellt wird: Die Caritas repräsentiert heute den linken Flügel der katholischen Kirche. Das zeigen auch personelle Überschneidungen mit den Grünen. Caritas-Mitarbeiter wie Stefan Wallner, Birgit Hebein oder Judith Schwentner wurden Grünen-Politiker. Das linkskatholische Segment scheint sich dort auch besser aufgehoben zu fühlen als bei der ÖVP.

Dazu passend zitierte Caritas-Geschäftsführer Schwertner in einem seiner jüngsten Tweets den Befreiungstheologen Hélder Câmara: „Wenn ich den Armen zu essen gebe, nennen sie mich einen Heiligen. Wenn ich frage, warum die Armen kein Essen haben, nennen sie mich einen Kommunisten.“

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2019)

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