Die Telekom will brav werden

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Gutes Benehmen, keine Geschenke und Einladungen mehr an Politiker, keine Spenden an Parteien. Die Telekom verordnet sich Benimmregeln. Verhindert hätten sie die Skandale nicht.

Wien/Auer. „Wir werden sicher keine Politiker mehr zum Hahnenkammrennen nach Kitzbühel oder zu Beachvolleyball-Spielen nach Kärnten einladen“, sagt Martin Walter selbstbewusst. Seit November ist der Deutsche dafür verantwortlich, den 9700 Mitarbeitern der Telekom Austria gutes Benehmen beizubringen. Doch ganz so einfach ist es mit der „Corporate Governance“, wie der Verhaltenskodex auf Neudeutsch heißt, hierzulande nicht. So hat die Telekom seit Herbst zwar neue Richtlinien beschlossen, in Stein gemeißelt sind sie aber nicht.

So heißt es etwa: „Einladungen an Amtsträger zu Veranstaltungen ohne jeglichen geschäftlichen Charakter sind nicht zulässig.“ Ob künftig aber wirklich kein Politiker mehr mit einem Telekom-Ticket neben der Streif stehen wird, darf bezweifelt werden. Ausnahmen seien immer möglich, ruderte auch Walter am Montagabend letztlich zurück: „Wenn es der Vorstand so will.“

„Ich blicke nicht zurück“

Dass sich der Konzern gerade jetzt Benimmregeln verpasst, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Schließlich beschäftigt sich der Untersuchungsausschuss im Parlament seit Mitte Jänner vor allem mit der Spenden- und Einladungspolitik des staatsnahen Konzerns. Beleuchtet werden etwa mutmaßliche Kursmanipulationen, Jagdausflüge mit dem ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und Spenden an Politiker und Parteien. Die Rechnungen bezahlt hat die Telekom – meist über den Umweg Peter Hochegger. Alle Betroffenen bestreiten die Schmiergeldvorwürfe; es gilt die Unschuldsvermutung.

Der neue Aufpasser will davon am liebsten gar nichts hören. „Ich blicke nicht zurück“, sagt Walter. Mit der internen Aufarbeitung der Skandale sei BDO Deutschland beauftragt, er kümmere sich lieber um die Zukunft. Nur so viel: Es seien „die falschen Leute“ am Ruder gewesen. Solche nämlich, die „die Regeln nicht geachtet“ hätten. Ganz erspart blieb dem früheren Controller der T-Mobile Deutschland der Blick zurück freilich nicht. Wie anders ließe sich erklären, dass die ersten drei neuen Konzernrichtlinien sich just mit den Themen „Sponsoring, Spenden und Werbung“, „Geschenke und Einladungen“ sowie „Beratung und Lobbying“ beschäftigen?

„Auch künftig alles möglich“

Walter ist harte Zeiten gewöhnt: So kümmerte sich der Manager nach dem Spionageskandal bei der Deutschen Telekom um neue Verhaltensregeln. Jetzt soll er die Sitten – und das Image – bei der Telekom Austria verbessern. Die neuen Regeln fallen auf den ersten Blick strenger aus als bisher. So sollen Geschenke an Amtsträger grundsätzlich verboten sein. Einladungen gibt es nur noch gegen die schriftliche Bestätigung, dass kein Gesetz und keine internen Regeln verletzt werden. Lobbyisten und Berater sollen sorgfältiger ausgewählt werden. Geschenke an Geschäftspartner sollen nicht mehr als hundert Euro im Quartal kosten.

Dennoch dürfte vieles, was die Justiz heute beschäftigt, auch in Zukunft möglich sein. So können Lobbyingaufträge unter 100.000 Euro auch weiterhin ohne Vorstandsbeschluss vergeben werden. Wenn es der Vorstand will, darf die Telekom auch künftig Politiker einladen oder Parteiveranstaltungen sponsern. Will er das nicht machen, bleibt noch der Umweg über einen Lobbyisten. Denn der neue Verhaltenskodex gilt zwar für Telekom-Mitarbeiter, nicht aber für Lobbyisten im Auftrag des Konzerns. Interpretationsspielraum gebe es immer, räumte auch Walter ein. Etwa im Fall von Markus Beyrer. Um zumindest 13.000 Euro durfte der damalige Generalsekretär der Industriellenvereinigung einst auf Rechnung der Telekom jagen. „Heutzutage würde man das nicht mehr machen“, sagte Walter. Allerdings sei Beyrer damals kein Amtsträger, sondern nur Führungsmitglied eines privaten Vereins gewesen. Heute ist Beyrer ÖIAG-Vorstand und als Aufsichtsratschef der Telekom für die Aufarbeitung der Skandale zuständig.

In den nächsten Wochen soll jeder der 9700 Telekom-Mitarbeiter einen halbstündigen Test über das neue Regelwerk absolvieren. Die Erfolgsaussichten sieht selbst dessen Urheber nüchtern. „Mit genügend krimineller Energie ist auch in Zukunft alles möglich“, sagte Walter. „Niemand kann garantieren, dass es kein Fehlverhalten geben wird.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2012)

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