EZB: Zinsen bleiben sehr tief, Teuerung weiter zu hoch

(c) Dapd (Thomas Lohnes)
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EZB wird ihr eigenes Inflationsziel auch 2012 verfehlen. EZB-Chef Draghi warnte bei einer Pressekonferenz vor weiteren „Abwärtsrisken“ für die Weltwirtschaft.

Wien/Jil. Und sie bewegt sich nicht: Die Europäische Zentralbank hat am Mittwoch beschlossen, den Leitzins weiterhin auf dem Rekordtief von einem Prozent zu belassen. EZB-Chef Mario Draghi warnte bei der Pressekonferenz vor weiteren „Abwärtsrisken“ für die Weltwirtschaft und gestand ein, dass die Inflationsrate im Euroraum auch 2012 über dem offiziellen EZB-Ziel von zwei Prozent liegen werde: „Die Teuerungsrate wird wahrscheinlich 2012 über zwei Prozent liegen, wobei Aufwärtsrisken bleiben.“

Inflation: 2,1 bis 2,7Prozent

Laut Mandat der Europäischen Zentralbank ist es ihre zentrale Aufgabe, die Inflation nahe, aber unter zwei Prozent zu halten. Draghi sieht in einer leicht erhöhten Inflation aber kein allzu großes Problem. „Über den für die Geldpolitik relevanten Zeithorizont erwarten wir, dass die Preisentwicklung im Einklang mit Preisstabilität bleibt“, sagte er am Mittwoch. Die Teuerungsrate werde sich 2012 in einer Spanne von 2,1 bis 2,7Prozent bewegen, so die EZB.

Die EZB hatte die europäischen Geschäftsbanken im Dezember 2011 sowie im Jänner 2012 mit extrem billigem Geld geflutet. Diese zusätzlichen 1,1 Billionen Euro haben die Bilanzsumme der Notenbank auf fast drei Billionen Euro anwachsen lassen. Netto sind allerdings nur rund 500 Millionen Euro im Bankensystem angekommen, weil die Banken zum Teil Geld aus anderen Geschäften mit der EZB umschichteten.

Trotz dieser Geldflut und der nach oben revidierten Inflationserwartungen ist Mario Draghi weiterhin überzeugt, die Situation fest im Griff zu haben: „Wir müssen die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten. Es ist wichtig, dabei im Hinterkopf zu behalten, dass alle unkonventionellen Maßnahmen vorübergehender Natur sind. Es stehen alle nötigen Instrumente bereit, um Aufwärtsrisken für die mittelfristige Preisstabilität entschieden und zeitnah anzugehen.“

Mit „unkonventionellen Maßnahmen“ meint Draghi die Staatsanleihenkäufe der EZB und die Geldspritzen für Banken. Die hat die Lage zwar vorübergehend stabilisiert, die Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone wachsen aber weiter an. So haben die Beamten in Deutschland erst kürzlich eine der größten Lohnerhöhungen der letzten 20 Jahre erhalten, während die Arbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland weiter ansteigt.

Griechenland „druckt“ auch Geld

Ein weitere Inflationsgefahr kommt von den nationalen Notenbanken des Eurosystems, die via der „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) auch frisches Geld „drucken“. So hat die griechische Zentralbank nach Berechnungen des Branchenblogs „querschuesse.de“ alleine im Februar 2012 mehr als 50 Mrd. Euro in den griechischen Bankensektor gepumpt. Die ELA war eigentlich als Notfallinstrument gedacht. Inzwischen dürfte sie aber zumindest in Griechenland zur direkten Bankenfinanzierung eingesetzt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2012)

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