Das Geheimnis um Österreichs Gold

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Nur die Nationalbank weiß, wo die österreichischen Goldreserven lagern. Ein Großteil dürfte sich im Ausland befinden. Wie viel davon noch vorhanden ist und wie viel „verliehen“ wurde, ist unklar.

Wien. Die Notenbankchefs dieser Welt reden gern über Deflation, Inflation und darüber, wie sie beides per Zinsschraube zu steuern gedenken. Über Gold reden sie nicht. Dabei ist das Metall, das vor mindestens 2600 Jahren erstmals als Münzgeld eingesetzt wurde, bis heute der einzige Bestandteil der Währungsreserven, der nicht aus „Papier“ besteht – also nicht von einer anderen Zentralbank beliebig vermehrt (und abgewertet) werden kann. Wahrscheinlich sind die Goldreserven genau deshalb das Staatsgeheimnis Nummer eins. Vom österreichischen Gold weiß man weder, wo es genau lagert, noch, wie viel davon überhaupt noch (physisch) existiert.

Gold ist wieder Geld

Offiziell bekannt ist nur so viel: Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hält 280 Tonnen Gold mit einem aktuellen Marktwert von rund elf Milliarden Euro, was immerhin fast 60 Prozent der gesamten Währungsreserven ausmacht. Tendenz steigend. Denn ausgerechnet die lockere Geldpolitik der Zentralbanken führt seit 2001 zu einer Abwertung der Währungen und einem stetigen Anstieg des Goldpreises. So nimmt auch die Bedeutung des Goldes im Währungssystem wieder zu. Die westlichen Zentralbanken haben seit 2009 keine Unze ihrer (immer noch beachtlichen) offiziellen Bestände mehr verkauft. Und Länder wie Russland, Indien und China kaufen derzeit, was sie kriegen können. Die Chinesen machen daraus nicht einmal ein großes Geheimnis. „Die einzige Chance, sich gegen Risken zu versichern, ist, eine Hartwährung zu kaufen: Gold“, sagte Notenbanker Zhang Jianhua Ende vergangenen Jahres. „Das weist auf eine zunehmende Remonetarisierung des Goldes hin“, sagt Ronald Stöferle, Goldanalyst der Erste Group. Soll heißen: Gold wird wieder Geld.

Aber wo genau sich das Gold der Deutschen, Österreicher und Schweizer befindet, wird nicht verraten. Nur so viel: Ein Großteil der Goldreserven lagert im Ausland. Vor allem die Tresore der Federal Reserve in New York– neben London und Zürich ist New York einer der zentralen Goldhandelsplätze – dürften mit europäischem Gold voll sein. Wegen der Eurokrise und der generellen Unsicherheiten im Finanzsystem regen sich aber immer mehr Stimmen, die die Rückholung dieser Goldbarren fordern. Denn: „Die Währungsreserven sind Volksvermögen“, sagt der Wiener Ökonom Gregor Hochreiter. „Volksvermögen sollte auch großteils in den eigenen Landesgrenzen gehalten werden. Wir leben in einer Währungsunion, die nicht wirklich stabil ist. Da sollte man Vorsicht walten lassen.“

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Hoher Anteil an „Papiergold“

Der ehemalige französische Präsident Charles de Gaulle ließ das Gold der „Grande Nation“ schon in den 1960er-Jahren aus New York abholen und nach Paris bringen. De Gaulle erschien es unerträglich, dass Frankreichs Gold „dem Zugriff einer fremden Macht preisgegeben sein könnte“.

Heute sind es nicht nur „fremde Mächte“, die Zugriff auf diese Goldreserven im Ausland haben. Das Währungsgold wird auch für sogenannte Leasinggeschäfte eingesetzt. Dabei wird das physische Gold an Banken verliehen, die es verkaufen dürfen. Die Banken zahlen dafür Zinsen (ein bis zwei Prozent). Die Zentralbanken machen in ihren Bilanzen keinen Unterschied zwischen „Gold“ und „Goldforderungen“.

Heißt: Wie viel Gold tatsächlich in physischer Form vorhanden ist – und wie viel nur als Forderung an eine Gegenpartei –, ist völlig unbekannt. Die Deutsche Bundesbank sagt, dass der Anteil dieses „Papiergoldes“ an ihren Goldreserven im einstelligen Prozentbereich liege. Die OeNB macht gar keine konkreten Angaben. Eine entsprechende Anfrage der „Presse“ beantwortet die Nationalbank so: „Goldgeschäfte werden nur mit renommierten Banken gegen ausgezeichnete Sicherheiten mit entsprechender Überdeckung abgeschlossen. Die OeNB hatte daher aufgrund ihrer strikten Risikopolitik auch noch nie einen Kreditausfall aus Goldgeschäften.“

Es gibt zwar eine Reihe von parlamentarischen Anfragen des FPÖ-Abgeordneten Gerhard Deimek zu diesem Thema. Aber auch das Finanzministerium konnte bisher keine brauchbaren Antworten liefern. Die OeNB ist unabhängig und nicht weisungsgebunden. Es ist also anzunehmen, dass niemand außer den Notenbankern über den wahren Verbleib des Goldschatzes Bescheid weiß.

Aber wann hat die Nationalbank sich zuletzt der Existenz der eigenen Goldreserven versichert? In Deutschland steht die Bundesbank in der Kritik, weil das letzte Audit der Reserven in New York schon fünf Jahre her ist. „Wir wissen nicht, in welchem Umfang es stattgefunden hat. Wir wissen nicht einmal, ob Mitarbeiter der Bundesbank selbst mitgezählt haben“, sagt Jörg Baetge. Der renommierte Bilanzrechtler hat im Auftrag des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler ein Gutachten angefertigt. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Es ist unheimlich schwer, an Informationen heranzukommen. Wir wissen gar nicht, wie genau geprüft wird.“

„Bestand regelmäßig bestätigt“

Wie genau die OeNB die österreichischen Goldreserven prüft, ist auch ein Geheimnis. Ebenso, wann das letzte Audit stattgefunden hat. In „unregelmäßigen Abständen“ würden OeNB-Mitarbeiter „physische Kontrollen“ durchführen, so die Nationalbank. Sonst verlässt man sich auf die Seriosität der Geschäftspartner: „Der an verschiedenen Goldhandelsplätzen gehaltene Bestand an Gold wird von den Verwahrern regelmäßig bestätigt.“

Auf einen Blick

Österreich hat offiziell 280 Tonnen Gold in seinen Währungsreserven. Aber ein Großteil dieses Goldes lagert im Ausland – wahrscheinlich vor allem bei der Federal Reserve in New York. Außerdem dürfte ein Teil des Goldes verliehen sein und nur als Forderung an Banken existieren. Auch ist unklar, wann das letzte Audit stattgefunden hat. Die Nationalbank hüllt sich beim Thema Gold in Schweigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2012)

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