Die Eltern wollen sowohl am Schulstandort als auch in der Bildungspolitik mehr mitbestimmen.
Wien. Die Schule war stets ein hierarchisches System: Es gab den Direktor, die Lehrer und die Schüler. Letztere hatten kaum etwas mitzureden. Doch die Schule wurde in den vergangenen Jahrzehnten merklich demokratischer. Das Wort Schulpartnerschaft – gemeint ist die Zusammenarbeit von Lehrern, Schülern und Eltern – wird im bildungspolitischen Diskurs schon fast inflationär gebraucht. Gute Schule braucht mehr Schulpartnerschaft, so der Tenor. Vor allem die Eltern wünschen sich mehr Mitspracherecht. „Die Presse“ hat deshalb mit Theodor Saverschel, Elternvertreter an mittleren und höheren Schulen, über seine Ideen gesprochen.
•Mehr Mitbestimmung: Der Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) ist das einzige Gremium, in dem die gewählten Elternvertreter ein verbrieftes Mitbestimmungsrecht haben. Auf Landes- bzw. Bundesebene werden sie lediglich geduldet. Die Idee von Saverschel: Eltern sollten auf Landes- und Bundesebene Mitbestimmungsrecht bekommen. Dazu brauchte es Gesetzesänderungen.
•Änderung der Verfassung: In der Theorie sind die Eltern auf Landesebene – und zwar in den Kollegien der Landesschulräte - schon jetzt stimmberechtigt. Den Ton gibt dort aber der Proporz an. Seit dem Jahr 1962 ist das sogar in der Verfassung geregelt. „Die stimmberechtigten Mitglieder der Kollegien in den Landesschulräten sind nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im Landtag [...] zu bestellen“, heißt es in Artikel 81a der Bundesverfassung. Dementsprechend sitzen in den Kollegien nur jene Eltern, die einer der „richtigen“, also der politischen Parteien angehören. Für die Mitglieder der Elternvereine bleiben die Türen geschlossen.
•Eigenes Elterngesetz: Saverschel wünscht sich ein eigenes Elterngesetz. Damit sollte nicht nur die Mitbestimmung auf Landes- und Bundesebene verankert werden, sondern auch die finanzielle Förderung der Elternarbeit. Das betrifft sowohl die Bereitstellung finanzieller Mittel für Projekte in der Elternarbeit als auch das Recht, Büroflächen und Infrastruktur vom Land bzw. Bund zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dadurch würden die Eltern in politischen Diskussionen wohl automatisch mehr Gewicht bekommen.
•Inhaltliche Neuausrichtung: Wobei Eltern ein Mitspracherecht haben sollten und wobei nicht, sollte gut überlegt werden. Bei Direktorenbestellungen, budgetären Angelegenheiten und Umbauarbeiten in der Schule würden die Eltern gern mehr mitreden. In anderen Bereichen, wie etwa bei der Auswahl von Schulbüchern, sei das Mitspracherecht „reine Arbeitsbeschaffung“, zumal Eltern hier die fachliche Expertise fehle, klagt Saverschel.
•Verpflichtende Elternabende: Um die Eltern in den Schulbetrieb mehr und besser einzubinden, wünscht sich der oberste Elternvertreter einen verpflichtenden Elternabend pro Jahr. Dort sollten sich die Elternvertreter jährlich der Wahl stellen.
•Bundesinstitut für Bildungsforschung: Außerdem wollen die Eltern beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) mitreden. Sie wollen Teil eines erweiterten BIFIE-Aufsichtsrats oder eines erweiterten wissenschaftlichen Beirats sein. Immerhin ist das BIFIE für die Zentralmatura, die Bildungsstandards und den PISA-Test zuständig – allesamt Dinge, die die Schüler und damit auch die Eltern direkt betreffen. (j.n.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2014)