Petitionen als Druckmittel der Bürgerinitiativen

Petitionen als
Petitionen als "Eingangstor für die Bürger".(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Parlament. Gegen die Schließung eines Polizeipostens, für ein liberaleres Waffenrecht, für den Beruf Hufpfleger: Mit Petitionen sind unterschiedliche Anliegen verbunden. Manchmal lassen sich diese sogar durchsetzen.

Wien. Selten war ein Bürgeranliegen so erfolgreich: 141.000 Österreicher haben im Frühjahr die Petition für die Einrichtung eines Hypo-Untersuchungsausschusses unterstützt – und damit so viel Druck erzeugt, dass die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse im Hohen Haus reformiert wurde.

„Das Parlament arbeitet abgeschottet, Petitionen sind das Eingangstor für die Bürger“, sagt Michael Pock. Der Neos-Abgeordnete ist Vorsitzender des Petitionsausschusses im Nationalrat und damit Ansprechpartner für alle Bürgerinitiativen und Verfasser von Petitionen, die ihr Anliegen im Parlament behandelt haben wollen.

Der Unterschied von Bürgerinitiativen und Petitionen ist ein formaler: Wer eine Petition einbringen will, muss dafür einen Abgeordneten gewinnen. Gelingt dies, so kann die Petition online auf der Parlamentshomepage unterstützt werden. Bürgerinitiativen benötigen keinen Abgeordneten, dafür aber 500 Unterschriften, damit ihr Anliegen behandelt wird.

Behandelt heißt, dass darüber im Nationalrat diskutiert wird: Erst im Petitionsausschuss, dann im Plenum. Eine Abstimmung über die Inhalte der Petition gibt es nicht. „Der direkte Weg zur Gesetzwerdung ist nicht vorgesehen, es kann aber öffentlicher Druck entstehen“, sagt der grüne Abgeordnete Wolfgang Pirklhuber, seit Jahren Mitglied des Petitionsausschusses.

Die Anliegen, die dort vorgebracht werden, sind unterschiedlich, ebenso das Ausmaß der Unterstützung. So sind derzeit etwa 17 Bürger gegen die Errichtung eines Asylheims in Gries am Brenner, 53 sagen Nein zur Schließung der Polizeistation Jochberg. Aber immerhin 2883 erwarten sich, dass ein liberaleres Waffenrecht mehr Sicherheit brächte. Dass 1175 Wahlberechtigte das Bundesheer angesichts sinkender Budgets retten wollen, ist dagegen eine eher schwache Ausbeute.

Die Hypo-Petition war die bislang erfolgreichste, aber auch die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung brachte mehr als 100.000 Unterschriften.

Derzeit laufen Verhandlungen über eine Reform des Petitionsrechts, Pirklhuber hat einen entsprechenden Antrag eingebracht. „Am wichtigsten wäre, dass auch Bürgerinitiativen ihr Anliegen digital starten können“, sagt Pock. Auch die 500 Unterstützungserklärungen, die für eine Behandlung im Parlament notwendig sind, sollen also auf der Parlamentshomepage gesammelt werden können. Außerdem sollen die Initiativen ab einer bestimmten Zahl von Unterschriften ihr Anliegen persönlich in einem Hearing vorbringen können. Pock hält dafür 2500 Unterschriften für notwendig, laut Pirklhuber könnte man die Latte auch höher ansetzen – etwa bei 5000 Unterstützern.

Der grüne Abgeordnete will auch eine bessere Behandlung im Parlament: So sollen bestimmte Anliegen nicht sofort ins Plenum kommen, sondern erst in den zuständigen Fachausschüssen behandelt werden. Stärkeres Gewicht will Pirklhuber auch für jene Resolutionen, die von Gemeinden und Städten gefasst werden: Diese werden derzeit lediglich an die Abgeordneten verteilt, sollen künftig aber auch im Ausschuss behandelt werden.

Manchmal haben die Bürger mit ihren Anliegen auch Erfolg, ohne großartige Unterstützung zu bekommen. So gab es 149 Unterschriften dafür, dass ein eigener Lehrgang für Hufpfleger eingerichtet wird. Der Lehrgang soll nun tatsächlich kommen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

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