Großbritanniens Wirtschaft vor stärkstem Einbruch seit 2009

Das Finanzzentrum in London
Das Finanzzentrum in LondonBloomberg
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Das Londoner Forschungsinstitut Markit geht davon aus, dass die Wirtschaft im dritten Quartal um 0,4 Prozent schrumpfen wird.

Großbritannien steuert nach dem Brexit-Schock auf den stärksten Konjunktureinbruch seit der Weltwirtschaftskrise von 2009 zu. Das Londoner Forschungsinstitut Markit schließt aus seinen am Mittwoch veröffentlichten Umfragedaten unter Einkaufsmanagern, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal um 0,4 Prozent schrumpfen wird.

Einen solchen Rückgang hat es in dem zuletzt boomenden Land seit mehr als sieben Jahren nicht mehr gegeben. Die Daten dürften bei der britischen Notenbank für Alarmstimmung sorgen. Nach Ansicht vieler Experten wird sich die Bank of England (BoE) am Donnerstag mit einer Zinssenkung gegen den Abwärtstrend stemmen.

Auch die deutsche Wirtschaft wird die Entscheidung für den EU-Austritt Großbritanniens wohl zu spüren bekommen: Sie dürfte heuer um 0,1 Prozentpunkte und 2017 um 0,3 Prozentpunkte weniger wachsen als bisher erwartet, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorhersagt. 

Auch die britische Bank HSBC stellt sich nach dem EU-Austrittsvotum auf unsichere Zeiten ein. Die eigenen Aktivitäten würden sehr genau unter die Lupe genommen, kündigte der Chef von Europas größtem Geldhaus, Stuart Gulliver, an. Wie schlecht es um den Dienstleistungssektor auf der Insel bestellt ist, zu dem auch die Banken gehören, zeigt das aktuelle Markit-Barometer für Juli: Es dümpelt auf dem Vormonatsniveau und signalisiert damit weiterhin das stärkste Schrumpfen des Bereichs seit März 2009.

"Zinssenkung ist ausgemachte Sache"

Auch aus anderen Sparten häuften sich zuletzt Hiobsbotschaften, die Furcht vor einer Rezession nähren: Der Bausektor schrumpfte so stark wie seit sieben Jahren nicht mehr und auch die Industrie ging rasant auf Talfahrt. Die Notenbank dürfte dieser Entwicklung nach Einschätzung von Markit-Chefökonom Chris Williamson nicht länger tatenlos zusehen: "Eine Zinssenkung ist ausgemachte Sache."

Die Notenbank hatte den Schlüsselsatz zur Versorgung der Finanzinstitute mit Geld zuletzt Anfang 2009 gekappt. Seither liegt er auf dem historischen Rekordtief von 0,5 Prozent. Als Reaktion auf das EU-Austrittsvotum vom 23. Juni hat die BoE vor wenigen Wochen bereits die Kapitalregeln für Banken gelockert. Mit einer Verringerung des Leitzinses könnten Kredite zudem günstiger werden. Dies könnte der Wirtschaft einen Schub verleihen.

(APA/Reuters)

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