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Looking for Profit

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Univ.-Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf | Lehrgangsleiterin Advanced Controlling Programm, Controller Institut)

Was sagt Gewinn über den Unternehmenserfolg wirklich aus?

Wirtschaftliche Performance ist der Dreh- und Angelpunkt, an dem sich unternehmerisches Handeln ausrichtet. Traditionell wird Unternehmenserfolg mit finanziellen Größen gemessen, beispielsweise als operativer Gewinn vor Zinsen und Steuern oder als ausschüttungsfähiger Bilanzgewinn. Heute wissen wir: Dieser Indikator ist nur sehr unvollständig – um Performance wirklich beurteilen zu können, muss man mehr über da Unternehmen wissen.

Ist Unternehmenserfolg gleich Gewinn? Im Geschäftsbericht findet sich dazu die Gewinn- und Verlustrechnung, die die Bilanz ergänzt und das Jahresergebnis des Gesamtunternehmens ausweist. Sie wird im traditionellen Controlling durch die Managementerfolgsrechnung ergänzt, die zusätzlich über die Profitabilität von Unternehmensbereichen, Produkten oder Kunden informiert.

All diese Rechenwerke setzen auf ausdifferenziert gestalteten internen buchhalterischen Systemen der Finanz- und Betriebsbuchhaltung, in denen jede einzelne geschäftliche Transaktion erfasst wird: von Wareneinkauf und Gehaltszahlung über interne Produktionsschritte bis hin zum Verkauf an die Kunden des Unternehmens. Für außenstehende Investoren, aber auch Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter und andere Stakeholder hat das Jahresergebnis eine wichtige Funktion: Es signalisiert die wirtschaftliche Leistung des Unternehmens in der betrachteten Periode und damit auch dessen Potenzial für Gewinnausschüttungen. Für die interne Steuerung verwendet man die Managementerfolgsrechnung, die signalisieren soll, an welchen Stellen das Unternehmen profitabel agiert, damit die Unternehmensführung die richtigen Entscheidungen treffen kann.

All dies erscheint als solide Informationsgrundlage – bis zu dem Moment, in dem man genauer hinterfragt, was der ausgewiesene Gewinn tatsächlich über die wirtschaftliche Performance aussagt. Dies beginnt schon mit der einfachen Erkenntnis, dass es nicht nur das Jahresergebnis, sondern einen ganz bunten Strauß unterschiedlichster Finanzkennzahlen gibt, die alle um die Aufmerksamkeit des Betrachters konkurrieren. Ob man zum Jahresergebnis zusätzlich ein Bruttoergebnis betrachtet – also die Verkaufserlöse abzüglich der unmittelbaren Herstellungskosten, ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern, einen Wertbeitrag nach Abzug aller Posten inklusive Kapitalkosten – oder vielleicht doch lieber einen Cashflow, zum Beispiel die Veränderung des Kassenbestands aus dem laufenden Geschäft: Jede Größe liefert einen anderen Blick auf das Geschäft von Unternehmen, und oft sind ihre Aussagen widersprüchlich und führen eher zu Verwirrung als zu Klarheit.

Dazu kommt, dass alle Finanzkennzahlen einen großen Nachteil haben: Sie bilden nämlich nur die Vergangenheit ab – der Nutzer gleicht einem Autofahrer seinen Wagen lediglich durch den Blick in den Rückspiegel steuert. Interessant ist aber vielmehr der Blick in die Zukunft: Wirtschaftliche Performance bedeutet nämlich vor allem in Wirklichkeit, dass das Unternehmen auch zukünftig in der Lage ist, erfolgreich zu sein und nicht etwa heute Gewinne zu Lasten der Geschäfte von morgen ausweist. Diese wichtige Information geben die vergangenheitsorientierten Finanzkennzahlen jedoch nicht preis.

Ein dritter, ebenso wichtiger Aspekt ist die Antwort auf die Frage, ob sich die finanziellen Performance auch sozial und ökologisch verantwortliches Verhalten gesellt, wie es gesellschaftlich heute zu Recht von Unternehmen unter dem Schlagwort ‚Corporate Social Responsibility‘. Der Film „The True Cost“ von Andrew Morgan und Michael Ross hat vor einigen Jahren beeindruckend gezeigt, was passieren kann, wenn nur die finanzielle Performance im Fokus steht. Dann werden nämlich Gewinne erwirtschaftet, indem Unternehmen durch die Ausbeutung ökologischer oder sozialer Ressourcen einen großen Teil ihrer ‚wahren‘ Produktionskosten auf schwache gesellschaftliche Gruppen abwälzen. Auch das findet sich gerade nicht in den Finanzkennzahlen wieder.

Die Konsequenz daraus erscheint zunächst ernüchternd: Es gibt – wenn man von einmal von praxisfernen Grenzfällen absieht – nicht „die“ Kennzahl, die unabhängig von einer konkreten Fragestellung mit Sicherheit und umfassend das abbildet, was wirtschaftliche Performance ausmacht.

Aber ist das wirklich schlimm? Die Antwort, die die betriebswirtschaftliche Forschung heute darauf gibt, lautet: Nein. Es kommt nämlich nicht so sehr darauf an, die Höhe des Unternehmenserfolgs als monetäre Größe exakt beziffern zu können. Es geht vielmehr darum, zu verstehen, ob Unternehmen in der strategischen wie operativen Steuerung den notwendigen Nährboden für Profitabilität schaffen, damit um langfristig die bestehenden Ressourcen bestmöglich zu nutzen und über Innovationen immer wieder neue Geschäftsmodelle zu erschließen – all das aber unter zwingender Berücksichtigung ihrer Rolle als ökologisch und sozial verantwortlich handelnder gesellschaftlicher Akteur.

Dazu ist die Finanzberichterstattung dann aber doch ein wichtiger erster Schritt, denn sie macht Prozesse und Strukturen in Unternehmen für den Bilanzleser überhaupt greifbar. Das notwendige Steuerungssystem, über das ein guter Geschäftsbericht ebenfalls informiert, wird durch das Controlling geschaffen. Denn nur ein ganzheitliches und modernes Controlling, das in der Steuerung über den Tellerrand der kurzfristigen und rückwärtsgewandten monetären Optimierung hinausblickt, ist in der Lage, die notwendigen Grundlagen für den langfristigen Unternehmenserfolg zu schaffen. Damit kommt dem Controlling eine Schlüsselrolle zu – aber nur dann, wenn es mehr leistet, als nur eine kurzfristige Fokussierung auf Finanzkennzahlen zu bieten.

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