Was die Hippies mit Apples Erfolg zu tun haben

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Technik und Kunst. Der Mathematiker, Consultant und Autor Piero Scaruffi ist überzeugt, dass verrückte Künstler eine Bedingung für den Boom des Silicon Valley waren.

Das kalifornische Silicon Valley mit seinen tausenden Technologieunternehmern ist für viele der Inbegriff von Innovation und Unternehmertum. Doch wie kommt es, dass sich all das ausgerechnet dort entwickelt hat? Für den Mathematiker, IT-Berater, Eliteuni-Dozenten (und Musikjournalisten) Piero Scaruffi ist die Sache ziemlich klar: Die Hippies, die exzentrischen Literaten und die verrückten Künstler machen den Unterschied.

Die „offizielle Geschichte des Silicon Valley", wie Scaruffi sie nennt - der Stanford-Professor Frederick Terman, der mit seinem Industrial Park für Aufbruchsstimmung sorgte, der Physiker und Nobelpreisträger William B. Shockley, der sich bald darauf in der Gegend ansiedelte, was nach und nach Unternehmen anzog - sei nämlich als Erklärung für Boom und Erfolg schlicht zu dünn.

„Die Technologie, das Geld und die Köpfe waren an der US-amerikanischen Ostküste und in Europa", sagte Scaruffi beim gestrigen Abschlusspanel der Technologiegespräche. „Die besten Unis ebenso. Die Nobelpreise waren in Deutschland und Großbritannien. Transistor, Computer: wurde alles anderswo erfunden." Wirklich einzigartig an der Gegend um San Francisco sei nämlich eines gewesen: dass sie bis in die 1950er Jahre ein Ort war, der vor allem Künstler anzogen. Dann kamen die Hippies, das Rockfestival von Monterey, die Schwulenparade.

Die ersten jungen Leute, die von anderswo aus den USA und aus Europa in die südliche Bay Area zogen, seien jene gewesen, die sich an der Hippiebewegung, am „Summer of Love" beteiligen wollten. „Und die erste große Welle an Innovationen kam nicht von Unternehmen, sondern von unabhängigen Leuten, von Amateuren, von Hobbytechnikern." Die Welt verändern: Das hätten die Hippies gewollt - und das hätten auch viele der Erfinder und Entwickler im Silicon Valley gemacht. Indem sie Computer für die Massen entwickelten. Oder sich des Internets bemächtigten.

Scaruffi zeigt das Bild einer Rockband - und das eines Meetings von Mitarbeitern des Xerox-Forschungszentrums, die da irgendwann in den 1970ern auf Sitzsäcken am Boden hocken: „Man könnte kaum sagen, wer wer ist."

„Es ist so offensichtlich", sagt Scaruffi. Die Kultur des Scheiterns: dem Künstlerdasein inhärent. Die des Erfolgs: wenn es klappt, dann genauso. Das lockere Arbeitsumfeld, bis hin zu Steve Jobs vielzitierter Garage: alles irgendwie eher aus der Künstlerwelt als aus der klassisch forscherischen oder unternehmerischen Welt. Crowdfunding, die Start-up-Kultur: alles Prinzipien, die fast hippiesk anmuten (zumindest früher): Lasst uns gemeinsam etwas machen!

Es sei eine Art seltsamer Synergie zwischen Gegensätzen, die das Silicon Valley speziell machten: Amateure und Unternehmen, Hippies und Ingenieure. Viel Kunst alleine sei ohnehin nicht genug. „Sonst hätten ja wieder Europa und die US-amerikanische Ostküste die Nase vorne. Es geht darum, wer den ursprünglichen Spirit geschaffen hat: die Industrie? Die Aristokratie? Die Künstler?"

„Für mich klingt diese Geschichte vernünftiger als die von dem Stanford-Professor, mit dem alles begann", sagt Scaruffi. „Und wenn man das nicht glaubt: Warum hat es dann in anderen Ländern noch nie funktioniert, das Modell zu kopieren?"

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