Tirols Bergluft tut Obmännern nicht gut

Vor zwei Jahren setzte Spindelegger Fekter unter Druck.
Vor zwei Jahren setzte Spindelegger Fekter unter Druck.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ritueller Parteichefwechsel. Alpbach ist das innenpolitischste Dorf Österreichs. Das war vor zwei Jahren so, das ist auch heuer so.

Das schönste Dorf Österreichs und das schönste Blumendorf Europas. So nennt sich Alpbach nach einer gewonnenen Wahl. Dass es auch das innenpolitischste Dorf Österreichs ist, hören Franz Fischler und die Seinen nicht so gerne. In den vergangenen Jahren unternahmen sie viel, um die Innenpolitik draußen zu halten. Doch die ist leider sehr hartnäckig.

Das ist heuer so, das war vor zwei Jahren so, das ist fast jedes Jahr so. Vor allem die ÖVP hat eine ambivalente Beziehung zum Forum. Dabei fing heuer alles so wunderbar an. Erstmals wagten sich rote Parteigenossen in die Hochburg der konservativ-intellektuellen Gesprächszirkel, schließlich war erstmals die Arbeiterkammer als Mitveranstalter geladen. Weshalb sich deren Präsident Rudi Kaske bei der Eröffnung der Wirtschaftsgespräche aufschwang, euphorisch von einem „historischen Tag" zu sprechen. Ein Schelm, wer denkt, er habe damit etwas anderes gemeint.

Schließlich explodierte an diesem Dienstag ganz zeitig in der Früh, als die letzten Diskutanten noch ihre Barbesuche aus den Knochen schüttelten und die ersten tapferen Jogger ihre Runden zogen, die Bombe: Der ÖVP kam - wieder einmal - der Obmann abhanden. Nicht wenige hielten es wieder einmal für ein Gerücht. Es war dann doch wahr.

Und wie jeder Obmannwechsel wurde auch dieser in Alpbach rituell begangen. Mit Namensspekulationen, Gerüchten, Lobbying- und Fraktionsgesprächen. Mitterlehner-Anhänger und jüngere Kurz-Unterstützer warben recht offen für den ihren. Mittendrin altgediente Obmannswechsel-Veteranen wie Christoph Leitl, Othmar Karas und natürlich Erhard Busek. Der hatte erst zwei Tage zuvor sein Buch „Lebensbilder" präsentiert, die Frustration nach dem Parteichef-Aus nimmt darin breiten Raum ein.

Auch immer charmant dröhnend und kommentierend: Claus Raidl, der langjährige Topmanager, Politberater, Notenbank-Präsident und Vizechef des Forum Alpbach, weiß wahrscheinlich nur zu gut, dass just um dieses Gipfeltreffen der G'scheiten und Wichtigen fernab von Ballhausplatz und Himmelpfortgasse die ÖVP schön öfter für kühne Wendungen sorgte. Woran das wohl liegt? Nur an der würzigen Bergluft?

Wir müssen gar nicht weit zurückgehen: Spindeleggers Vorgängerin im Finanzministerium, Maria Fekter, war vor zwei Jahren schwer unter Beschuss - niemand geringerer als Spindelegger selbst hatte sie unter Druck gebracht. Er war damals Außenminister. Er wollte das Finanzressort, Fekter hätte Klubobfrau werden sollen, Karl-Heinz Kopf ins Nationalratspräsidium wechseln sollen. Doch der Wirtschaftsbund legte sich quer. Und wehrte sich via Alpbach: Ein paar Journalisten wurden informiert, dass eine Personalrochade unmittelbar bevorstehe. Und so erzählten die Wirtschaftsbündler, auch ein Abgang Spindeleggers sei nicht auszuschließen. Innerhalb weniger Stunden hatte das Alpbacher Gerücht die Wiener Runde gemacht. Befeuert wurde es von Fekter: Als sie in Alpbach von Journalisten gefragt wurde, ob Spindelegger zurücktrete, sagte sie trocken: „Kein Kommentar." Es klang wie eine Bestätigung. Spindelegger musste dementieren und die Aktion abblasen. Später wurde er Finanzminister.

Am Dienstag trat er dann wirklich zurück. Während Alpbach tagte.

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