Klima: Wenn Wien zu Córdoba wird

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Der Klimawandel wird auch Auswirkungen auf unseren Energieverbrauch haben, sagt Brigitte Bach, Energieexpertin am AIT. Der höhere Bedarf sollte möglichst klimaneutral gedeckt werden.

Die hochsommerlichen Temperaturen dieser Tage in Alpbach sind gewiss kein Beweis für den Klimawandel, aber sie passen ins Bild: „Die wissenschaftliche Community ist sich einig, dass es den Klimawandel gibt und dass der alpine Raum von der Temperaturerhöhung überdurchschnittlich stark betroffen ist“, sagt Brigitte Bach, Leiterin des Departments Energie am Austrian Institute für Technology (AIT). Dabei beschränkt sich der alpine Raum keineswegs auf Tirol, sondern ganz Österreich gehört dazu. „Es gibt Prognosen, wonach Wien im Jahr 2070 möglicherweise bei einem Klima angekommen sein wird, wie es heute in Triest oder Córdoba herrscht. Das ist zwar nicht schlecht, aber die Stadt ist nicht dafür gebaut“, so Bach zur „Presse“.

Für die Energieexpertin bedeutet das: Will die Stadt die Entwicklung nicht noch weiter befeuern, muss sie den Energieverbrauch in den Griff kriegen und den CO2-Ausstoß drosseln. Daher brauche die Stadt eine „vorausschauende Infrastrukturentwicklung“, die die steigende Zahl von Hitzetagen und tropischen Nächten ebenso berücksichtigt wie den Umstand, dass die Gebäude in Wien nicht so konstruiert sind, dass sie Hitze abhalten. Das bedeutet: Energieaufwand zum Kühlen.

Gefragt sei eine integrierte Herangehensweise, die neben Themen wie Wärmedämmung, Energieerzeugung vor Ort (z.B. mittels Fotovoltaik auf dem Dach) oder Niedertemperatur-Fernwärme auch Verkehrskonzepte und den Übergang zur elektrischen Energieversorgung im Blick hat. Im Idealfall könne gesteigerte Energieeffizienz auch noch als Wettbewerbsvorteil genutzt werden – ein Ziel, das die Stadt mit dem Konzept der „Smart City Wien“ umzusetzen trachtet.

Die Herausforderung, mittels Energiewende weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energiequellen den Klimawandel einzubremsen, beschränkt sich naturgemäß nicht auf die Bundeshauptstadt. Große Hoffnungen setzt die Forschung auf „Smart Grids“, das sind „intelligente“ Stromnetze. Die Idee dahinter: Man will vom Konzept der zentralen großen Kraftwerke wegkommen und stattdessen die dezentrale Stromerzeugung mittels Fotovoltaik und Windenergie forcieren. Weil die Energie aus diesen Quellen aber nicht immer konstant fließt, müssen die Netze trachten, Angebot (Einspeisung) und Nachfrage (Abnahme) bestmöglich zu synchronisieren. „Dazu kommunizieren Erzeuger, Netze und Verbraucher miteinander“, sagt Bach.

Oft könnten große Energieverbraucher sehr viel an Last-Management tun: Industriebetriebe zum Beispiel, indem sie Wärmespeicher einsetzen, oder große Gebäude, indem dort eine Wärmepumpe für eine Stunde abgeschaltet wird, ohne dass das überhaupt zu spüren wäre. Mit der „Smart Grid Modellregion Salzburg“ (rund um Köstendorf) gibt es in Österreich ein groß angelegtes Experiment, das laut Bach in der EU bereits als Vorzeigeprojekt gehandelt wird. „Die Energiewende kann absolut gelingen“, sagt Bach. „Aber nur dann, wenn es ein Miteinander aller Verantwortlichen gibt, zum Beispiel in Politik, Verwaltung, Industriebetrieben und Forschung.“ Sie wünscht sich ein System, das mehr auf Belohnung von Innovation setzt als auf Drohungen. „Wir sind in Europa stark im Denken verhaftet: Wenn Du das oder jenes nicht erreichst, dann gibt es einen negativen Effekt.“

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