Das Dorf der kleinen Denker

(c) Katharina Roßboth
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Wie sich Forum und Familie bestens vereinbaren lassen. Und was Schrödingers Katze mit all dem zu tun hat.

Ganz gleich, ob Eltern beruflich oder privat am Europäischen Forum teilnehmen. Wenn sie ihre Kinder mit in die Tiroler Berge bringen, stellt sich eine Frage. Und die ist aus dem Berufsalltag nur zu gut bekannt: Wie lassen sich Forum und Familie vereinbaren?

Die Antwort findet sich nur wenige Meter vom Congress Center entfernt im Volksschul- und Kindergartengebäude: Dort wird gespielt, gebastelt, gemalt, dazwischen viel Bewegung gemacht – und dann ist auch Zeit für Geschichten. Und den Größeren wird Wissen vermittelt. Mit anderen Worten: dort werden Kinder und Jugendliche optimal betreut.

Initiiert wurde der „Kindergarten Alpbach“ von Kristina Mandl vor mittlerweile zehn Jahren. Sie war damals über den Club Alpbach Niederösterreich zum Forum gekommen. Als junger Mutter war ihr die Kinderbetreuung ein Anliegen, „weil man sonst viele Leute vom Forum ausschließt“. Kinderbetreuung ist eben ein wichtiges Vehikel, um – passend zum Motto des Forums – Ungleichheit zu verhindern.

Auf Anfrage auch am Abend

Zwei bis sieben Jahre sind die Kinder alt, die Mandl gemeinsam mit Hannelore und Simone Martin betreut. Früher legten sie noch eine Mittagspause ein, mittlerweile halten sie die Kindergarten-Türe durchgehend von 9 bis 19 Uhr offen – und das kostenlos und ohne Anmeldung. Die Eltern sind allerdings für die Verpflegung der Kinder verantwortlich. Übrigens: Auf Anfrage und gegen Bezahlung wird Kinderbetreuung auch in den Abendstunden angeboten.

Entsprechend gefragt ist der Kindergarten: „Täglich kommen rund 20 Kinder“, sagt Mandl. In der Früh würden einige zwar manchmal Trennungsschmerz von den Eltern verspüren. „Doch nach Hause gehen wollen die Wenigsten, weil sie sich nicht von den anderen Kindern trennen wollen.“

Der Kindergarten wirkt durchaus beziehungsstiftend: „Es gibt einige junge Leute, die sich hier als Kinder kennen gelernt und später auch Treffen in Wien organisiert haben.“ Simone Martin hat auch noch eine weitere Episode in Erinnerung: Als sie im Vorjahr an der Rezeption des Congress Centrums arbeitete, kamen zwei Forums-Teilnehmer zu ihr. „Die haben dann gesagt: Warst Du nicht unsere Betreuerin? Und später beim Fortgehen haben sie mich auf einen Spritzer eingeladen.“

Alpbach-Wissen weitergeben

Und was ist mit dem Nachwuchs, der zwischen sieben und 14 Jahre alt ist und betreut werden soll? Für den gestalten Johanna Mihevc und Daniel Pföstl ein tägliches Programm. „Wir wollen Alpbach-Wissen vermitteln“, sagt Mihevc, „also lokales Wissen und Forums-Wissen weitergeben.“ Denn, sagt sie, nicht von ungefähr laute eine alte Weisheit: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“.
Entsprechend heißt die Betreuungsschiene, die seit heuer offizieller Forums-Bestandteil ist und täglich zwischen 9 und 13 Uhr ebenfalls im Kindergarten bespielt wird „Alpbach Learning Program“.

Vor drei Jahren entstand das Lernprogramm eher zufällig und fand noch im Hallenbad statt. Damit das Vorhaben gelingt, beginnen die Vorbereitungen schon Monate im Voraus. Und doch ergeben sich immer wieder auch spontan Programmpunkte. Das hängt auch damit zusammen, dass Mihevc in der Forums-Community bestens vernetzt ist. Ein Beispiel: Die Learning-Program-Teilnehmer bekamen zu Beginn der Woche ein Moleskine-Büchlein, um Notizen machen zu können. Darin fanden sich japanische Schriftzeichen. Die Kinder waren fasziniert, doch niemand wusste, was sie bedeuten. Also suchte und fand Mihevc einen Japaner, der mit den Kindern eine Kalligrafie-Einheit einlegte.

Wissen anschaulich aufbereitet

Insgesamt ist das Programm höchst abwechslungsreich: Mit der Feuerwehr wird eine brenzlige Situation simuliert, nämlich: „Die Schule brennt!“ Forumspräsident und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler erklärt Europa, ein Alpbacher Schnitzer zeigt, wie sein Handwerk funktioniert, ein Biologe bringt die lokale Flora und Fauna näher und Teach for Austria war zu Gast. Und nicht nur für die Erwachsenen gibt es Rechtsgespräche: Auch für die jungen Leute standen in der vergangenen Woche Rechtsthemen auf dem Programm: Jus-Studenten vom Vienna Legal Literacy Project (VLLP) machten Recht recht verständlich. Und mit ein bisschen Glück kommt in den kommenden Tagen auch die Modeschöpferin Vivienne Westwood auf einen Sprung vorbei.

Und natürlich hat das Alpbach Learning Program auch ein Maskottchen. Richtig geraten: Es ist Schrödingers Katze.

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