"In keinem Land dauert die Sommerpause so lang"

(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Während des Forums fühlt sich Alpbach gelegentlich wie der politische Nabel des Landes an – zumindest in der Innensicht. Meret Baumann, Korrespondentin der Schweizer NZZ, führt das vor allem auf das Sommerloch zurück.

Es ist vermutlich vor allem ein Phänomen der österreichischen Innensicht – dass Alpbach sich in den zwei Wochen des Europäischen Forums wie der Mittelpunkt der österreichischen Innenpolitik anfühlt. Und dass das Tiroler Bergdorf deswegen fast schon mythisch überhöht wird. Ein Phänomen, das Meret Baumann eher nüchtern sieht – die Österreich-Korrespondentin der Schweizer NZZ hält den politischen und medialen Fokus auf Alpbach vor allem für ein Produkt des Sommerlochs.

„In keinem Land dauert die Sommerpause so lang“, meint sie. Und bevor der innenpolitische Betrieb im September wieder richtig starte, gebe es hier eben eine Art Übergangsphänomen. „Wenn man hier ist, sind plötzlich alle da – und man hat das Gefühl, es geschieht etwas Weltbewegendes.“ Noch dazu, weil Alpbach sehr österreichisch wirke – „weil sich alle kennen“. Das sei ähnlich wie in Wien, nur eben in einem viel kleineren Rahmen. Aus der Schweiz kennt Baumann das Phänomen nicht – weil die nicht annähernd so zentralistisch aufgestellt ist wie Österreich, wo Wien die Rolle des alleinigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrums spielt.

„Da entsteht Politklatsch“

Den Mythos des Ortes hält Baumann vor allem für ein Resultat davon, dass viele Politiker und Journalisten an einem Ort versammelt sind. „Hier geht man dann eben etwas trinken und spricht offener als sonst.“ Und da entstehe auch Politklatsch. Doch diese Dimension stehe eigentlich gar nicht im Vordergrund, denn eigentlich gehe es ja vor allem um das Forum selbst: „Die Themen sind sehr international und breit. Und die Panels sind so tiefgründig, wie ich es sonst sehr selten erlebe.“

Und doch, allzu viel berichten werde sie für die NZZ aus Alpbach nicht. Weil sie zum einen nur recht kurz hier ist. Und zum anderen, weil die Bedeutung von Alpbach in der Schweiz nicht annähernd so groß ist wie in Österreich. „Das kennen nur Experten, ansonsten bekommt man davon nicht viel mit.“ Zwar könnte sie sich gut vorstellen, nicht nur drei Tage zu bleiben, sondern sich auch länger einige Vorträge und Diskussionen anzuhören. „Aber dann müsste ich mir dafür ein paar Tage frei nehmen.“

Derzeit interessiere man sich in der Schweiz nur für einige wenige Themen aus Österreich. Das sei zum einen die Flüchtlingspolitik, die beim Nachbarn genau beobachtet werde. Und zum anderen sei das Interesse vor allem bei Themen groß, bei denen die FPÖ eine Rolle spielt. „Vielleicht noch der Sport, wo es eine Rivalität zwischen den Nachbarn gibt.“ Zuletzt habe man bei den olympischen Spielen das schwache Abschneiden der Österreicher genau beobachtet.

Wie Davos, nur familiärer

Ob sich das Forum Alpbach mit dem Weltwirtschaftsforum in Davos vergleichen lässt? „Was die Dauer und die Hochkarätigkeit betrifft ja – auch, wenn ich noch nie dort war“. Nur, dass in Davos vielleicht noch wichtigere internationale Gäste zu sehen seien – und die Sicherheitsvorkehrungen dementsprechend höher. In Alpbach merke man davon nichts – „hier ist alles viel familiärer“.

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