„Bitte nur keine Angst vor der Entscheidungsangst haben“

(c) Christian und Verena Hohlrieder
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Wandern und diskutieren. Der zweite „Talk auf der Alm“ in Alpbach stand unter dem Motto: „Entscheide Dich! Schnell! Und richtig!“

20.000 Entscheidungen sind es, die wir täglich treffen, haben Münchner Hirnforscher ermittelt. Doch wie rational sind unsere Entscheidungen? „Rationalität ist eine Illusion“, sagt Birgit U. Stetina von der Sigmund Freud Privatuniversität. „Der Großteil wird emotional entschieden. Ich weiß, wir hätten es gern anders, da die Menschen Sicherheit lieben.“ Stetina war eine der Diskutantinnen beim „Talk auf der Alm“ zu dem „Presse“-Geschäftsführer Rudolf Schwarz heuer zum zweiten Mal begrüßte. Nach der gemeinsamen Wanderung vom Congress Centrum nach Inneralpbach ging es auf der Zirm-alm darum, wie es gelingt, auch unter schwierigen Bedingungen schnell und richtig zu entscheiden

Emotionale Sicherheit geben

„Die Angst vor falschen Entscheidungen nimmt zu. Man recherchiert noch intensiver, was Entscheidungen noch schwieriger macht“, sagte Ralf-Wolfgang Lothert, Head of Corporate Affairs & Communication bei JTI. Das Gegenteil davon sei die „Hauruck-Start-up-Kultur“. Manager seien gefordert, für eine gemeinsame Unternehmenskultur zu sorgen.

Und für die nötige Kommunikation. Matthias Wechner, der als Geschäftsführer die G4S Secure Solutions von einem hierarchischen in ein flach organisiertes Unternehmen gewandelt hatte, meinte: „Wichtig war, den Mitarbeitern einen Raster und damit eine emotionale Sicherheit für Entscheidungen in ihrem täglichen Arbeitsumfeld zu geben“. Und das sei eigentlich ein ewiger Prozess.

Denn, sagte Stetina, „Entscheidungen bedeuten Stress. Und jeder Mensch reagiert in Stresssituationen anders. Dessen muss man sich bewusst sein.“ Deshalb sei die bewusste Personalauswahl wichtig. Doch Oliver Suchocki (Suchocki Executive Search) relativierte die Verlässlichkeit von Assessment-Centern: „Bei der Suche nach dem perfekten Mitarbeiter bauen wir scheinbare Sicherheiten auf.“ Viele der Testungen machten letztlich nicht schlauer. „Wir müssen das Vertrauen haben, die richtige Personalentscheidung zu treffen. Das ist die Aufgabe der Führungskraft.“ Ebenso würden Algorithmen, die vermehrt zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, nur Scheinsicherheiten liefern, ergänzte Stetina.

Die 4-G-Formel beherzigen

Die schlechteste Entscheidung, die eine Führungskraft treffen könne, sagte der Sicherheitsberater und ehemalige Chef der Sondereinheit Cobra, Wolfgang Bachler, sei, keine Entscheidung zu treffen: „Bitte nur keine Angst vor der Entscheidungsangst haben.“ Man müsse sich vor einer Entscheidung die Frage stellen, ob man mit der Konsequenz leben könne. Wichtig sei auch ein sauberer Vorbereitungsprozess vor jeder Entscheidung. Der sei keine Frage der Intelligenz, sondern des Fleißes.

Und was macht letztlich eigentlich eine gute Entscheidung aus, fragte Moderator Michael Köttritsch („Die Presse“) abschließend. Wolfgang Bachler fasste es pointiert zusammen: „Es ist die 4-G-Formel: gedacht – gewählt – getan – gelernt.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2017)

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