Islamische Staaten verurteilen Trumps Jerusalem-Entscheidung

Präsident Erdogan (Mitte) mit seinen Gästen beim OIC-Gipfel
Präsident Erdogan (Mitte) mit seinen Gästen beim OIC-Gipfel
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Die Türkei hat in Istanbul ein Treffen der islamischen Staaten zur Jerusalem-Frage ausgerichtet. Erdogan forderte dabei die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Palästinas. Abbas sprach den USA jegliche Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt ab.

Ein Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) hat die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA scharf verurteilt. Die Abschlusserklärung interpretierte den Schritt von US-Präsident Donald Trump als Zeichen dafür, dass sich die USA als Hauptakteur aus dem Nahost-Friedensprozess zurückziehen.

Die OIC bekräftigte dabei, dass sie Ost-Jerusalem als die Hauptstadt Palästinas anerkenne - eine alte und unumstrittene Position der Organisation, die von türkischer Seite aber als große Neuerung verkauft wurde. Gleichzeitig forderte der Abschlusstext "alle Länder auf, den Staat Palästina und Ost-Jerusalem als seine besetzte Hauptstadt" anzuerkennen.

Einberufen hat das Krisentreffen der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der zu den schärfsten Kritikern der Jerusalem-Entscheidung von Trump gehört. Entsprechend aggressiv trat der Gastgeber selbst dann auch vor seinen Gästen auf. Unverblümt erhob er Foltervorwürfe gegen Israel, das er erneut als "Terror- und Besatzungsstaat" bezeichnete.

"Hey, Trump! Stehst Du hinter diesem Israel?"

"Das Schicksal Jerusalems kann nicht einem Land überlassen werden, das sich von Blut ernährt und seine Grenzen erweitert, indem es Kinder, Zivilisten und Frauen brutal ermordet", sagte Erdogan zum Abschluss des Treffens. Und an die Adresse von US-Präsident Trump: "Hey Trump! Stehst du etwa hinter diesem Israel? Hier gibt es Besatzung, hier gibt es Folter, hier gibt es Terror. Verteidigst du das etwa?"

Der türkische Staatschef hatte bereits vor dem Treffen eine harte Antwort gefordert und in seiner Eröffnungsrede die Anerkennung Jerusalems - nicht nur Ost-Jerusalems - als Hauptstadt Palästinas gefordert. Doch sind sich die 57 OIC-Staaten uneins. Erdogans harte Haltung tragen bei weitem nicht alle mit.

"Ich rufe die Staaten auf, die das internationale Recht verteidigen, das besetzte Jerusalem als die Hauptstadt eines souveränen und unabhängigen Palästinas anzuerkennen", sagte Erdogan. Jerusalem sei die "rote Linie". Mit seiner Entscheidung habe Trump Israel "für all' seine terroristische Aktivitäten" belohnt.

"Wir brauchen einen neuen Mechanismus"

Der palästinensische Präsident Abbas sagte, nach der Entscheidung Trumps zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels könne Washington keine Rolle mehr bei Friedensverhandlungen spielen. "Wir brauchen einen neuen Mechanismus, um internationale Resolutionen umzusetzen, weil Washington nicht mehr als Schirmherr des Friedensprozesses qualifiziert ist", betonte Abbas.

Dem US-Präsidenten warf der Palästinenser vor, Jerusalem als "Geschenk an die zionistische Bewegung" gegeben zu haben, als ob es "eine amerikanische Stadt" wäre. "Jerusalem ist und wird ewig die Hauptstadt des Staates Palästina bleiben", sagte Abbas. Anders werde es in der Region "weder Frieden, noch Stabilität" geben können.

Am Rande des Treffens kündigte er zudem an, sich als Konsequenz nun um die volle UN-Mitgliedschaft bemühen zu wollen. Palästina ist bisher ein Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen. Die Entscheidung Trumps ist ein harter Rückschlag für Abbas und seine Pläne zur Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staats mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Der jordanische König Abdullah II. forderte bei dem Gipfel die Errichtung eines palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Der iranische Präsident Hassan Rouhani, der ebenfalls an dem OIC-Gipfel teilnahm, sagte vor Beginn des Treffens, Trumps Entscheidung sei "einfach nur unverschämt" gewesen.

Riad und Co. wollen die Beziehungen nicht gefährden

Generell war die Entscheidung des US-Präsidenten in der muslimischen Welt einhellig kritisiert worden. Etliche arabische Staaten wie Saudi-Arabien wollen jedoch ihre guten Beziehungen zu den USA wegen dieser Frage nicht gefährden, andere wie Ägypten liegen im Streit mit der Türkei.

"Mehrere große Länder der muslimischen Welt wollen weder eine Konfrontation mit den USA, noch mit Israel vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen mit dem Iran", sagte Sinan Ülgen vom Politikinstitut Edam. Besonders für Saudi-Arabien, das mit dem Iran um Einfluss in der Region ringt, habe der Konflikt mit der schiitischen Regionalmacht Priorität.

Die Arabische Liga beließ es bei einem Dringlichkeitstreffen am Samstag in Kairo bei einer verbalen Verurteilung und forderte Trump lediglich zur Rücknahme seiner Entscheidung auf. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bedauerte im Vorfeld des Gipfels die "sehr gemäßigte Reaktion seitens einiger Länder der Region", die offenbar fürchteten, Washington herauszufordern.

Auch der gesuchte Omar al-Bashir nimmt teil

Rund 20 Staatschefs nahmen an dem Gipfel in Istanbul teil, neben Jordaniens König Abdullah II. und dem iranischen Präsidenten Rouhani, die Präsidenten Aserbaidschans, Afghanistans, Indonesiens und des Libanon sowie die Emire von Katar und Kuwait. Ägypten entsandte dagegen seinen Außenminister Sameh Shukri, während Saudi-Arabien einen Vize-Außenminister schickte.

Auch Sudans Präsident Omar al-Bashir nahm an dem Gipfel teil, obwohl er vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Völkermords und Kriegsverbrechen gesucht wird. Venezuelas Staatschef Nicolas Maduro war als Beobachter anwesend.

Trumps Entscheidung hat in den palästinensischen Gebieten zu heftigen Protesten geführt und eine erneute Eskalation der Gewalt provoziert. Die israelische Luftwaffe beschoss in der Nacht auf Mittwoch militärische Einrichtungen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen, nachdem von dort zwei Geschoße abgefeuert worden war. Die Gesundheitsbehörden meldeten drei Verletzte.

Israel hatte den arabischen Ostteil Jerusalems im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert und beansprucht ganz Jerusalem als Hauptstadt. Dies wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser fordern Ost-Jerusalem als künftige Hauptstadt.

(APA/dpa/AFP)

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