Stiftung von US-Milliardär Soros zieht sich wegen "Repressionen" aus Ungarn zurück

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Der Schritt erfolge wegen des "immer repressiveren politischen Umfelds in Ungarn", sagt das Institut. FPÖ-Klubobmann Gudenus will den Schritt nicht kommentieren.

Die Stiftung des US-Milliardärs George Soros zieht sich aus Ungarn zurück. Der Schritt erfolge wegen des "immer repressiveren politischen und rechtlichen Umfelds in Ungarn", teilte die Stiftung in der Nacht auf Dienstag in New York mit. Das Büro werde samt Mitarbeitern nach Berlin übersiedeln. Allerdings werde die "Open Society Foundation" (OSF) weiterhin NGOs in Ungarn unterstützen. Damit bestätigt die Stiftung einen "Presse"-Bericht von April.

"Es ist unmöglich, die Sicherheit unserer Operationen und Mitarbeiter in Ungarn vor willkürlicher Einmischung der Regierung zu gewährleisten", begründete OSF-Präsident Patrick Gaspard den Rückzug. Die Entscheidung erfolge angesichts der Pläne der rechtskonservativen Regierung, ein als "Stop-Soros" bekanntes Gesetzespaket zu beschließen. Gaspard warf der ungarischen Regierung vor, "in für die Europäische Union beispielloser Weise" nicht nur die Arbeit der Stiftung "falsch dargestellt" zu haben, sondern auch "die Zivilgesellschaft unterdrückt" zu haben, "um damit politisch zu punkten". Das "Stop-Soros"-Gesetzespaket sei nur der jüngste Versuch in dieser Richtung.

Die ungarische Regierung habe in den vergangenen Jahren "mehr als 100 Millionen Euro an öffentlichen Geldern für eine Kampagne ausgegeben, um Lügen über die Stiftung und ihre Partner zu verbreiten", hieß es in der Aussendung. Dazu gehörten auch Propagandaplakate, die an antisemitische Sujets aus dem Zweiten Weltkrieg erinnerten, sowie eine Volksbefragung, bei der OSF-Gründer George Soros attackiert worden sei.

Ungarische Mitarbeiter könnten Jobs verlieren

Der Rückzug werde "große Auswirkungen" auf die etwa 100 Mitarbeiter von OSF in Budapest haben, da 60 Prozent von ihnen ungarische Staatsbürger seien. Mehrere seien schon mehr als ein Jahrzehnt für die Organisation tätig. Der gebürtige Ungar und Holocaust-Überlebende Soros hatte im Jahr 1984 seine erste Stiftung gegründet, um Meinungs- und Gedankenfreiheit zu fördern. Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass der heutige ungarische Ministerpräsident und frühere Dissident Viktor Orbán einer der Stipendiaten von Soros war.

Die Central European University (CEU) des US-Milliardärs soll in Wien ihren (nach Budapest und New York) mittlerweile dritten Standort eröffnen, das wurde bereits im März dieses Jahres bekannt.

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, dessen Interview mit der "Presse" über Soros heftigte Diskussion ausgelöst hatte, will den Rückzug der Soros-Stiftung aus Ungarn nicht kommentieren. "Das ist eine Entscheidung der Stiftung. Ich kenne die Hintergründe nicht und kann dazu nichts sagen", sagte der Freiheitliche am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz kurz. Gudenus hatte den US-Milliardär George Soros und dessen Aktivitäten wiederholt scharf kritisiert.

Orbán bezichtigt Soros eines Plans, die gesellschaftliche Struktur Europas durch die Massenzuwanderung von Migranten zu verändern. Diese Verschwörungstheorie wurde Gudenus aufgegriffen, der in diesem Zusammenhang von "stichhaltigen Gerüchten" sprach und dafür auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisiert wurde. Die Soros-Stiftung ist politischen Machthabern auch deshalb ein Dorn im Auge, weil ihre Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Bewegungen in mehreren Ländern, wie etwa in Serbien, Georgien oder der Ukraine, eine Rolle beim Sturz autoritärer Machthaber gespielt haben soll.

(APA)

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