Georgien: Erpresst durch „schwulen Spionagering“?

(c) AP (Irakli Gedenidze)
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Eine Affäre in der Kaukasusrepublik Georgien wirft ein schiefes Licht auf die Praktiken der Militärpolizei, darunter die Erpressung sexueller Minderheiten, in der Ära unter Präsident Michail Saakaschwili.

Wien/Tbilisi/SOM. Die Kaukasusrepublik Georgien wird von einer Affäre erschüttert, die auf dubiose Geheimdienstpraktiken, darunter die Erpressung sexueller Minderheiten, unter der früheren Regierung von Präsident Michail Saakaschwili schließen lässt. In Medien ist sensationslüstern die Rede von der Aufdeckung eines „schwulen Spionagerings“.

Am Montag leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den früheren Chef der Militärpolizei ein. Megis K. war dem Verteidigungsministerium zugeordnet. Dem Beamten wird vorgeworfen, auf illegale Weise schwule Agenten rekrutiert zu haben. Diese hätten sich dann bekannten homosexuellen Persönlichkeiten angenähert. „Die Agenten nahmen die Personen in Wohnungen mit, die mit staatlichen Geldern finanziert wurden. Die Zimmer waren mit Videoüberwachung ausgestattet“, so die Staatsanwaltschaft. Dutzende „kompromittierende Videos“ seien zur Erpressung – Geldzahlungen sowie ideelle Unterstützung für die Ex-Regierungspartei „Vereinte Nationale Bewegung“ – missbraucht worden.

Brutaler Konkurrenzkampf

Der Fall findet vor dem Hintergrund eines verbissenen Konkurrenzkampfes statt: Seit Oktober 2012 muss Präsident Saakaschwili mit der neuen Regierung seines politischen Gegners Bidsina Iwanischwili auskommen. Seit dessen Amtsantritt konzentriert sich die Justiz auf „politische Fälle, in die Mitglieder der Vorgängerregierung involviert sind“, sagt Mathias Huter von „Transparency International“ in Tbilisi. Dass das kompromittierende Material von der Behörde ausgerechnet auch an Medien weitergegeben wurde, wirkt problematisch. Offenbar geht es nicht in erster Linie um den Schutz der Privatsphäre der Betroffenen. „Es gibt kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung“, so Huter. Homosexualität sei ein Tabuthema in Georgien. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft hinterlässt bei Huter einen „ein wenig schalen Geschmack“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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