Tunesiens Premier beharrt auf Expertenregierung

Tunesiens Premier beharrt Expertenregierung
Tunesiens Premier beharrt Expertenregierung(c) EPA (STR)
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Trotz der Ablehnung seiner Partei, will Premier Jebali eine Expertenregierung bilden. Am Freitag lähmte ein Generalstreik das öffentliche Leben.

Ungeachtet der Ablehnung der regierenden islamistischen Ennahda-Partei hält der tunesische Ministerpräsident Hamadi Jebali an der Bildung einer Expertenregierung fest. Dies sei der beste Weg, um dem Land weitere Spannungen zu ersparen, sagte Jebali nach Angaben der tunesischen Nachrichtenagentur TAP am Freitag. Die Expertenregierung werde, was die politischen Parteien angehe, neutral sein. Sobald als möglich solle neu gewählt werden.

Er rief alle Parteien auf, die Expertenregierung zu unterstützen. Jebali zeigte sich überzeugt, dass auch die Ennahda-Partei die Entscheidung mittragen würde. Hochrangige Parteifreunde hatten betont, der Vorschlag Jebalis sei eigenmächtig und ohne Absprache gemacht worden. Das Land brauche weiter eine Regierung, in der auch Politiker säßen, wurde kritisiert.

Jebali will in Kürze die Zusammensetzung der neuen Regierung bekannt geben. Außerdem werde er umgehend Konsultationen mit den politischen Parteien beginnen.

Generalstreik und Proteste bei Begräbnis

Am Freitag hatte nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaid ein Generalstreik das öffentliche Leben in Tunesien weitgehend lahmgelegt. Außerdem gingen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die regierende islamistische Ennahda-Partei zu protestieren, in deren Reihen die Attentäter vermutet werden. Damit wurde die Beisetzung des 48-Jährigen zu einer der größten Protestaktionen seit der Revolution vor gut zwei Jahren.

Der am Mittwoch erschossene Jurist galt in Tunesien als einer der schärfsten Ennahda-Kritiker. Belaid setzte sich außerdem für eine Trennung von Staat und Religion ein. Von seinen Mördern fehlt bislang jede Spur.

Neben der mehr als 500.000 Mitglieder zählenden Gewerkschaft UGTT hatten Oppositionsparteien zu dem Streik unter dem Motto "Kampf dem Terrorismus" aufgerufen. Lediglich die Grundversorgung der Bevölkerung sollte aufrechterhalten werden. Am Flughafen der Hauptstadt wurden alle Flüge gestrichen.

Zu dem Trauerzug mit dem Leichnam Belaids versammelten sich am Vormittag die Menschen an einem Kulturzentrum in der Hauptstadt Tunis. Er startete gegen Mittag in Richtung eines Friedhofs, Tausende folgten dem mit einer tunesischen Fahne geschmückten Sarg.

Am Rande des Trauerzugs kam es zu einzelnen Zwischenfällen. Jugendliche warfen Fensterscheiben ein und plünderten Geschäfte. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Randalierer vor. Größere Ausschreitungen gab es aber zunächst nicht.

Die Regierung in Paris hatte aus Furcht vor Gewalt bereits im Vorfeld die Schließung französischer Schulen angekündigt. Auf den Straßen von Tunis waren zahlreiche Sicherheitskräfte im Einsatz, Hubschrauber überflogen die Szenerie.

Sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag war es bei Demonstrationen von Regierungsgegnern zu Ausschreitungen gekommen. Sie machten die führende islamistische Partei Ennahda für den Tod Belaids verantwortlich und forderten eine neue Regierung. Das Regierungslager weist jegliche Verantwortung für das Attentat zurück.

(Schluss) mhh

(APA/dpa)

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