Jagd nach ausländischen „Agenten“

Wladimir Putin
Wladimir Putin (c) EPA (YURI KOCHETKOV)
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Mit Dauerrazzien versetzt Russlands Präsident Wladimir Putin Nichtregierungs-organisationen in Angst.

Moskau/Est. Letztlich sah sich auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle auf den Plan gerufen. Zum Wochenbeginn bestellte er den russischen Botschafter in Berlin ein und übermittelte ihm die Besorgnis, dass russische Behörden derzeit nicht nur eigene Nichtregierungsorganisationen (NGO), sondern sogar Büros deutscher politischer Stiftungen in Russland durchsuchen.

Der diplomatische Eklat ist nur der vorläufige Höhepunkt einer beispiellosen Welle von Attacken gegen NGOs in Russland. Ob die ehrwürdige Organisation „Memorial“, Amnesty International oder Dutzende andere Einrichtungen: Seit Wochen ist alles im Visier der Beamten, was unter das umstrittene „Agentengesetz“ fallen könnte. Mit diesem Gesetz sind Organisationen, die mit Geld aus dem Ausland ihre gesellschaftliche oder politische Aktivität kofinanzieren, seit November 2012 gezwungen, sich als „ausländische Agenten“ zu deklarieren. Bisher hat die Umsetzung nur schleppend funktioniert, zumal das Justizministerium nicht hinter der Idee des Kreml gestanden ist.

Antiwestlicher Reflex

Seit Kreml-Chef Wladimir Putin aber Mitte Februar zur Totalmobilisierung aufgerufen hat, sind Beamte aus Staatsanwaltschaft, Finanzministerium und Feuerpolizei auf Streifzug – angeblich, um Papiere zu kontrollieren. Im Schlepptau haben sie staatliche TV-Teams, die in Reportagen die Arbeit der NGO diskreditieren.

Die Stoßrichtung ist klar: Galt der Westen traditionell als Feind Russlands, so sollte dieser Reflex wieder kultiviert werden. Nachdem die russische Zivilgesellschaft und Opposition während der Wahlen im Vorjahr Auftrieb erhalten haben, werden sie jetzt immer dreister mundtot gemacht.

Abgesehen von der Angstmache deutet einiges auf Rache hin, weil mehrere Menschenrechtler wegen des Gesetzes vor den Europäischen Menschengerichtshof gezogen sind. Vermutlich sollen NGO-Mitarbeiter mit Bürokratie zermürbt werden, kommentiert die Zeitung „Wedomosti“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2013)

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