Italien: Niederlage für Berlusconi und Bersani

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Die Wahl eines neuen Staatspräsidenten scheiterte am Donnerstag im Parlament. Der Favorit der Rechten und Linken, Franco Marini, fiel durch.

Da hatte der Parteichef der italienischen Sozialdemokraten, Pier Luigi Bersani, am Mittwochabend noch rasch einen Überraschungskandidaten aus dem Hut gezaubert, und Silvio Berlusconi, Führer der zweitgrößten Kraft im Parlament, hatte gleich seine Zustimmung gegeben: Der 80-jährige Franco Marini, darauf hatten sich die zwei Spitzenpolitiker insgeheim geeinigt, solle neuer Staatspräsident werden.

Auch Mario Montis „Bürgerliste“ wollte für Marini stimmen. Auf diese Weise hätte Marini die Zweidrittelhürde in der parlamentarischen Wahlversammlung locker genommen – aber die Abgeordneten spielten nicht mit: Wie zum Trotz stimmten überraschend viele für den Kandidaten der rebellischen „Fünf-Sterne-Bewegung“ des Komikers Beppe Grillo.

Verhängnisvolle Händel

Gespalten hat sich dabei vor allem Bersanis Partei „Partito Democratico“. Gegen Marini selbst, der ein Leben lang in der Gewerkschaft gearbeitet hat und als Senatspräsident überall politische Anerkennung hat, konnte keiner etwas haben. Wohl aber gegen die Art und Weise, wie Parteichef Bersani den Kandidaten bestellte: In Absprache nicht mit der Partei selbst, sondern im Alleingang mit „Erzfeind“ Berlusconi. „In Wahrheit hat Berlusconi unseren Kandidaten ausgesucht“, sagte Matteo Renzi, Bersanis aufstrebender parteiinterner Widersacher. „Wenn Marini den Weg für weitreichende politische Regierungsabsprachen mit Berlusconi ebnen soll, dann ist er nicht mein Präsident“, sagte auch Parteipräsidentin Rosy Bindi.

Und ebenso wie Renzi, der von der ersten Minute an sagte, seine 50 Parlamentarier würden Marini nicht wählen, distanzierte sich auch der Anführer des linken Flügels, Nichi Vendola, dem ebenfalls etwa 50 Parlamentarier zugerechnet werden, von Marini: Die Entscheidung für einen 80-Jährigen, der einer „untergegangenen politischen Epoche Italiens“ angehöre, sei „ein Anachronismus“. Italien wolle den Wandel: „Die Parlamentswahl hat ein Erdbeben ausgelöst; wir sind dafür nicht gerüstet.“ Demonstranten beschimpften Bersani als „Verräter!“

Beppe Grillo im Aufwind

So kam es, wie es kommen musste: In der Versammlung aus den Abgeordneten beider Parlamentskammern zuzüglich 58 Delegierter der Regionen blieb Marini 151 Stimmen unter der nötigen Zweidrittelmehrheit von 672. Freuen konnten sich die fundamental-oppositionellen „Grillini“: Sie hatten mit dem 80-jährigen Jus-Professor Stefano Rodotà einen Kandidaten präsentiert, der auch Abgeordneten Bersanis gefiel. Er kam auf 240 Stimmen, etwa 80 Stimmen mehr, als die „Grillini“ in der Wahlversammlung stellen. „Ergebt euch!“, rief Grillo denn auch sofort den anderen Parteien zu.

Bei der zweiten Abstimmung am Donnerstagabend empfahl das Parteipräsidium der Sozialdemokraten den eigenen Leuten, weiße Stimmzettel abzugeben. Das heißt: Marini ist faktisch gescheitert, denn Berlusconi und Monti zusammen haben nur die Hälfte der Stimmen, die für eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Am Freitag sollte die Wahl weitergehen, beim vierten Wahlgang reicht schließlich eine einfache Mehrheit. Ob Marini im Rennen bleibt oder ob „B & B“ – Bersani und Berlusconi – einen anderen Kompromisskandidaten aus dem Talon ziehen, war ungewiss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2013)

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