Am "Freitag der Entschlossenheit" gerieten Islamisten mit ihren Gegnern und mit Sicherheitskräften aneinander. Es gab Berichte über mehrere Todesopfer.
Tausende Ägypter haben trotz eines Großaufgebots der Sicherheitskräfte am Freitag in zahlreichen Städten die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gefordert. Dabei kam es zu Zusammenstößen. Sicherheitskreisen zufolge wurden mindestens sechs Menschen getötet und mindestens 50 verletzt. Mehr als 20 Personen seien verhaftet worden.
In Kairo setzte die Polizei Tränengas ein. Dort zogen Mursis Unterstützer in mehreren Gruppen durch die Straßen. Dabei mieden sie die von Polizei und Armee streng bewachten Schauplätze, an denen es bei früheren Protesten zu schweren Ausschreitungen gekommen war. Einige versammelten sich vor dem Präsidentenpalast. Kurz bevor die Ausgangssperre um 19 Uhr (MESZ) einsetzte, löste sich die Gruppe aber auf. Die Regierung hatte bei Missachtung des Ausgangsverbots rechtliche Konsequenzen angekündigt. In Ägyptens zweitgrößter Stadt Alexandria gingen mehr als 10.000 Menschen auf die Straßen. Zudem gab es Kundgebungen in mehreren Städten im Nildelta, in Suez, Ismailia, Port Said, Assiut und anderen Orten. Ägyptens Muslimbrüder haben aber nicht mehr die Mobilisierungskraft, die sie noch vor Wochen hatten, aber sie bringen noch immer tausende Anhänger auf die Straße.
In der Stadt Beni Sueif schossen Unbekannte vor Beginn der Proteste auf eine Kaserne der Sicherheitskräfte. Im Kairoer Bezirk Al-Nosha wurden an einer Straßensperre der Polizei kurz vor Beginn der Protestaktionen ein Unteroffizier und ein Passant erschossen. Zwei weitere Polizisten seien verletzt worden, teilte das Innenministerium mit. In Port Said kam ein Demonstrant ums Leben.
Die Muslimbruderschaft hatte zuvor erklärt, sie werde am „Freitag der Entschlossenheit“ nur friedlich protestieren. In einer Stellungnahme, die das Pressebüro der Islamisten-Organisation in London verbreitete, hieß es, die Allianz gegen die Entmachtung von Mursi durch die Armee werde sich „durch die willkürliche Festnahme ihrer Führer nicht besiegen lassen".
Muslimbrüder durch Verhaftungen geschwächt
Die Armee hatte Mursi, der aus der Muslimbruderschaft stammt, am 3. Juli nach Massenprotesten gegen ihn und seine Regierung abgesetzt. Daraufhin richteten die Muslimbrüder zwei Protestcamps in Kairo ein, die Mitte August brutal von den Sicherheitskräften gestürmt wurden. Die Polizei setzte scharfe Munition ein, es gab laut staatlichen Stellen zwischen 600 und 700 Tote. Die Muslimbrüder geben die Opferzahl wesentlich höher an.
Parallel dazu setzten die Behörden eine Verhaftungswelle gegen führende Vertreter der Muslimbrüder in Gang, darunter deren Chef Mohammed Badie, einen Hardliner, und den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Khairat al-Shater. Ihnen soll unter anderem wegen Aufwiegelung der Prozess gemacht werden. Auch über den gestürzten Präsidenten Mursi wurde Untersuchungshaft verhängt. Insgesamt wurden bis zu 2000 Menschen verhaftet. Die Muslimbruderschaft, eine streng hierarchisch aufgebaute Organisation wurde durch die Verhaftungen stark geschwächt.
(APA/DPA/Red.)