Obamas wütender Verbündeter

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Saudiarabien fürchtet um seine Regionalmacht und gibt daran den USA Mitschuld. Obama will in Riad die Wogen glätten. Auf ihn wartet ein "harter Empfang".

Riad. Saudische Diplomaten gelten als ausgesprochen höflich. Auf Barack Obama allerdings warte am Golf ein „harter Empfang“, verlautete hinter vorgehaltener Hand aus Riad. Ein Kommentator verglich den US-Präsidenten gar mit Mutter Theresa, weil er „seinen Gegnern die rechte und linke Wange hinhält, in der Hoffnung, sie zu besänftigen“. Noch nie haben sich in Saudiarabien so viel Frustration und Misstrauen den USA gegenüber angestaut, noch nie waren die Zerwürfnisse zwischen den jahrzehntelangen Verbündeten so gravierend wie heute. Und so hängt der US-Präsident am Freitag eine 24-stündige Stippvisite auf der Arabischen Halbinsel an, um zu versuchen, im Gespräch mit König Abdullah die ärgsten Wogen zu glätten.

Obama trifft auf ein Königshaus, das durch die regionalen Folgen des Arabischen Frühlings tief verunsichert ist. In Syrien ist (auch befeuert durch saudische Waffenhilfe) ein Tummelplatz von Jihadisten entstanden, der schlimmer ist als Afghanistan. Der Golfkooperationsrat zeigt seit dem Militärputsch gegen Mohammed Mursi in Ägypten breite Risse. Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain machen offen Front gegen Katar, weil es Muslimbrüdern Asyl gewährt und den „feindseligen“ Sender Al Jazeera finanziert.

Obamas Iran-Kurs irritiert Riad

Das saudische Misstrauen gegenüber Washington entzündet sich vor allem an Obamas Iran- und Syrien-Politik. Die US-Ouvertüren in Richtung Teheran treffen im Königshaus einen empfindlichen Nerv, wo man die Charmeoffensive von Irans Präsidenten, Hassan Rohani, mit Argwohn verfolgt. Denn Saudiarabiens Herrscher fürchten, die USA könnten eines Tages wieder auf den Iran als Garanten regionaler Stabilität setzen, wie einst zu Zeiten des Schahs.

Auch die jüngste Syrien-Philippika des saudischen Kronprinzen Salman bin Abdulaziz zielte auf die USA. Die internationale Gemeinschaft habe „die Aufständischen verraten“, sie nicht ausreichend bewaffnet und damit „zur leichten Beute tyrannischer Kräfte“ gemacht, kritisierte Salman. Vor allem Obamas militärisches Zaudern nach dem Giftgaseinsatz des Assad-Regimes im August 2013 hat Riad nicht verwunden. Demonstrativ schlug das Königreich damals einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat aus. Und der saudische Geheimdienstchef drohte, sein Land werde die Beziehungen zu den USA „grundsätzlich überdenken“.

Doch die Optionen dafür sind begrenzt, das weiß auch das Königshaus. Saudiarabien kann sich nicht grundsätzlich von den USA abwenden, weil es die westliche Vormacht als Garanten gegen Bedrohungen von außen braucht. Und die USA wollen die Saudis nicht als strategischen Verbündeten und Waffenkunden verlieren. Allein in den letzten vier Jahren bestellten die Saudis Jagdflugzeuge, Kampfhubschrauber und Raketensysteme im Wert von 86 Mrd. Dollar.

Riad könnte sich künftig aber auf eine Politik der Nadelstiche verlegen – und lieferte dafür kürzlich einen ersten Vorgeschmack. König Abdullah erklärte sich bereit, ägyptische Waffenkäufe in Russland im Wert von bis zu drei Mrd. Dollar zu finanzieren, was Moskau eine neue Machtpräsenz in die Region verschaffen dürfte. Kurz danach schickte Riad seinen Verteidigungsminister auch nach China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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