Der Außenminister sieht sich nach Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko bestätigt: Es gibt keine Chance auf eine rasche Lösung des Donbass-Konflikts, die humanitäre Lage ist katastrophal.
Fast 10.000 Menschenleben hat der Krieg in der Ostukraine seit April 2014 gekostet, 2,5 Millionen sind geflüchtet und drei Millionen auf Hilfe angewiesen. Doch ein Ende des Leids ist noch immer noch abzusehen. Außenminister Sebastian Kurz zog eine nüchterne Bilanz nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Eine schnelle, große Lösung für den Konflikt im Donbass sei nicht in Sicht, erklärte der derzeitige Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Kiew.
Poroschenko pocht auf einer harten europäischen Linie gegenüber Russland. Das machte er seinem Gast aus Wien klar. Kurz jedoch will „auf beide Seite zugehen“. Dafür hat er eine Formel entwickelt, die er auch vor Journalisten im Kiewer Hotel Hilton wiederholt. „Frieden auf unserem Kontinent kann es nur mit und nicht gegen Russland geben.“ Es sei zu wenig, allein die Schuldfrage zu lösen. „Wir brauchen einen Ausweg."
Kurz hat sich keine großen Würfe für seine Besuche in Kiew und Moskau vorgenommen. Er arbeitet am diplomatischen Millimeterpapier. Denn Durchbrüche sind derzeit nicht realistisch. Zu verfahren ist der Karren. Der Minsker Friedensprozess steckt fest, versinkt in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Oberste Priorität von Kurz ist es, die brüchige Waffenruhe zu stabilisieren. Deshalb will er versuchen, den rund 700 OSZE-Beobachtern bessere Zugänge zu den Konfliktzonen im Donbass zu verschaffen, deren Ausrüstung aufzuwerten und die Anzahl der Checkpoints zu erhöhen.
Engpässe bei Versorgung mit Wasser und Strom
Und dann will der österreichische Außenminister den OSZE-Vorsitz vor allem dafür nützen, den Menschen zwischen Donezk und Luhansk zu helfen. Darauf pochte im Gespräch mit Journalisten auch der österreichische Spitzendiplomat Martin Sajdik, der seit schon seit längerem als OSZE-Sonderbeauftragter für die Ostukraine fungiert. Denn immer noch gibt es gravierende Engpässen bei der Versorgung mit Wasser, Strom und Lebensmitteln. Und die ukrainischen Behörden überweisen immer noch keine Pensionen in Gebiete, die pro-russische Separatisten kontrollieren.
Die ukrainische Regierung drängt darauf, die OSZE-Mission im Donbass zu einer bewaffneten Polizeitruppe aufzustocken. Doch da legt sich Russland quer. Für Kurz standen am Dienstag noch Gespräche mit dem ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin auf dem Programm, bevor es nach Russland zu Sergel Lawrow weiterging.
So schlecht sind die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine mittlerweile, dass es keine direkte Flugverbindungen mehr zwischen den Hauptstädten gibt. Kurz muss über Warschau nach Russland weiterreisen.