Obamas letzte sorgenvolle Rede

Obama bei seiner letzten Pressekonferenz als Präsident.
Obama bei seiner letzten Pressekonferenz als Präsident.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Bei seiner letzten Pressekonferenz ermahnte der scheidende US-Präsident seinen Nachfolger ein letztes Mal zur Besonnenheit. Man könne das Amt nicht alleine machen.

Ernster und nachdenklicher als sonst hat Barack Obama seine letzte Pressekonferenz gegeben. Sonst oft zu Scherzen aufgelegt und ein glänzender Redner, wirkte der scheidende US-Präsident am Mittwoch in Washington nachdenklich und fast melancholisch. So brachte er die Journalisten im Weißen Haus nur einmal, gleich zu Beginn seiner Rede, zum Lachen: Eigentlich habe er einen hellbraunen Anzug tragen wollen. Doch seine Frau Michelle, deren Sinn für Mode ein wenig besser ausgeprägt sei als seiner, habe ihm davon abgeraten. Das sei für Jänner nicht angebracht.

Doch der scheidende Präsident kam schnell zur Sache. Bei allem Bemühen um Diplomatie gegenüber seinem Nachfolger Donald Trump wurden aus Obamas Antworten in der gut einstündigen Begegnung mit den Medien doch seine großen Sorgen erkennbar.

Die Gleichheit von Schwarzen und Weißen, Wählerrechte, die Reform des Justizsystems, die Rechte von Transgendern und Homosexuellen, die Rolle einer freien Presse, die unfaire Verteilung von Gütern in der Gesellschaft - oft sah Obama bei seinen Antworten zu Boden und presste die Lippen aufeinander. Sein strahlendes Lächeln zeigte der nach acht Jahren ergraute Präsident vergleichsweise selten, wirkte beinahe erschöpft.

Seitenhiebe auf Trump

Nachdrücklich betonte er die zentrale Rolle von Medien für eine funktionierende Demokratie. "Amerika braucht Sie, und die Demokratie braucht Sie." Er hoffe sehr, dass die faktenbasierte und kritische Arbeit der Medien auch künftig fortgesetzt werden könne. "Sie hier im Gebäude zu haben, macht uns aufrichtiger und lässt uns härter arbeiten", sagte Obama. Ohne ihn beim Namen zu nennen, spielte er damit indirekt auf seinen Nachfolger an: Trump will die Teilnehmer an Regierungspressekonferenzen künftig selbst auswählen.

"Die Realität hat es an sich, zurückzuschlagen, wenn Du sie nicht ausreichend beachtest", sagte Obama weiter in Richtung Trump. "Dieser Job hat eine solches Ausmaß, den kann man nicht alleine machen." Das sei der vermutlich beste Rat, den er Trump geben könne. Problematisch sei es, wenn man sich isoliert fühle oder die Mitarbeiter nur noch das weitergäben, was man hören wolle. "Dann beginnt man, Fehler zu machen."

Die USA seien ein großes, kompliziertes Land, und oft zeitige die Demokratie leider nicht die erhofften Ergebnisse - dennoch hätten er und Michelle ihre Töchter zum Optimismus erzogen, sagte Obama. "Ich glaube daran, dass Menschen mehr gut sind als böse. Ich glaube, dass das Böse in der Welt existiert. Aber wenn wir hart arbeiten, können wir sie ein Stück verbessern. Darum ging es in dieser Präsidentschaft."

Obama besorgt über Zwei-Staaten-Lösung

Obama sagte, er wolle sich in die aktuelle Politik künftig nur einmischen, wenn er den Eindruck gewinne, dass fundamentale Werte der Vereinigten Staaten verletzt würden, etwa beim Umgang mit Rassenfragen oder beim Umgang mit Zuwandererkindern.

Den Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bezeichnete Obama als eines der wesentlichen Politikfelder für seinen Nachfolger. Er sei besorgt, dass sich das Zeitfenster für eine Zwei-Staaten-Lösung schließen könnte. "Wir können die Parteien nicht zum Frieden zwingen", sagte er. Die USA könnten nur versuchen, einen Rahmen für Friedensgespräche zu ermöglichen.

An seinem drittletzten Amtstag verteidigte Obama die Begnadigung der Wikileaks-Informantin Chelsea Manning. Das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren Haft sei im Vergleich zu anderen Urteilen gegen sogenannte Whistleblower nicht verhältnismäßig gewesen. "Ich bin guten Mutes, dass der Gerechtigkeit genüge getan ist und trotzdem ein Zeichen gesetzt wurde", sagte Obama.

Um 15.22 Uhr Ortszeit pochte Obama zweimal auf das Pult und verließ ein letztes Mal den Briefingraum des Weißen Hauses. An diesem Freitag um 12.00 Uhr mittags (Ortszeit) enden seine zwei Amtszeiten, und Trump übernimmt.

(APA/dpa)

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