Trumps erste Woche im Weißen Haus

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In zwölf Dekreten machte der US-Präsident Herzstücke der Obama-Administration rückgängig - und zettelt einen handfesten diplomatischen Streit mit Mexiko an.

In seiner ersten Woche als US-Präsident hat sich DonaldTrump unverzüglich an die Umsetzung seiner Agenda begeben. Vom Gesundheitssystem über die Handels- und Energiepolitik bis zur Einwanderung - die radikale Kehrtwende in der US-Politik hat mit zwölf sogenannten "Executive Orders", präsidentiellen Erlässen, begonnen. Der neue Wind im Weißen Haus manifestierte sich jedoch nicht nur in den politischen Maßnahmen der neuen Administration, sondern auch im Umgang mit Medien.

Tag 1: Trump macht Obamacare rückgängig

Noch bevor der neue Chef im Weißen Haus zum ersten Mal in seiner Position als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika das Tanzbein mit seiner First Lady Melania schwang, zückte Trump den Kugelschreiber: Sein erster Erlass zielte darauf ab, die große Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama zu untergraben. Er wies die Bundesbehörden an, die aus "Obamacare" entstehenden Finanzlasten für die Bundesstaaten, Verbraucher, Versicherer und Gesundheitsbranche zu reduzieren. Über das System sind rund 20 Millionen Bürger versichert. Trump hat versprochen, dass sie auch in seinem Ersatzmodell abgedeckt sein sollen. Den neuen Plan haben aber weder er noch die Republikaner im Kongress bisher präsentiert.

Gleichzeitig ließ Trump die auf Klimawandel bezogenen Dokumente auf der Internetseite des Weißen Hauses vom Netz nehmen. Den Mitarbeitern der staatlichen Umweltbehörde EPA hat er einen Maulkorb verpasst: Keiner darf sich vorerst mehr Journalisten gegenüber äußern.

Zuvor hatte Trump in seiner 16-minütigen Antrittsrede, eine neue Ära - den Rückzug der USA als Schutzmacht der restlichen Welt - eingeläutet. "Ab dem heutigen Tag wird eine neue Vision unser Land regieren. Von diesem Tag an heißt es: ,Amerika zuerst' - ,Amerika zuerst'", rief der 70-jährige frühere Bauunternehmer vor dem Washingtoner Kapitol. "Wir müssen unsere Grenzen vor den Verwüstungen anderer Länder schützen, die unsere Produkte herstellen, unsere Unternehmen stehlen und unsere Arbeitsplätze zerstören. Protektion wird zu großem Wohlstand und Stärke führen. Wir werden zwei einfachen Regeln folgen: Kauft Amerikanisch und beschäftigt Amerikanisch."

First Lady Melania, US-Präsident Donald Trump, Vizepräsident Mike Pence mit seiner Frau nach der Angelobung.
First Lady Melania, US-Präsident Donald Trump, Vizepräsident Mike Pence mit seiner Frau nach der Angelobung.APA/AFP/ROB CARR

Tag 2: Startschuss für den "Krieg gegen Medien"

Während sich landesweit mehr als 2,5 Millionen Demonstranten zum "Marsch der Frauen" gegen Donald Trump versammelten - alleine in Washington sollen es mehr als eine halbe Million gewesen sein - setzte der ehemalige Bauunternehmer am Sonntag seine "Fake News"-Kampagne gegen die "unehrlichen" Medien fort, mit denen er einen "fortlaufenden Krieg" führe. Er warf ihnen unter anderem vor, absichtlich falsche Angaben über die Besuchermenge bei seiner Vereidigung am Freitag verbreitet zu haben.

Er bezog sich dabei unter anderem auf Tweets, in denen ein Bild vom Publikumsandrang bei seiner Amtseinführung neben eine Aufnahme von den Zuschauern bei der Vereidigung seines Vorgängers Barack Obama 2009 gestellt worden war. Das Foto von der Trump-Vereidigung zeigte eine leere Fläche, die auf dem vergleichenden Bild voll bevölkert war. Auch Statistiken der Washingtoner Verkehrsbetriebe belegen, dass 2009 deutlich mehr Menschen zum Kapitol unterwegs waren.

Trump war offenbar so erzürnt, dass er seinen Sprecher Sean Spicer in den Presseraum des Weißen Hauses schickte, um die Medien anzugreifen. Das Foto von Trumps Vereidigung sei absichtlich so ausgeschnitten, dass es die Wahrheit verzerre, sagte Spicer und sprach von einem "schändlichen" Vorgang. "Wir werden die Medien zur Rechenschaft ziehen. Das amerikanische Volk hat Besseres verdient", sagte er.

Zuseher bei der Angelobung Donald Trumps und der seines Vorgängers Barack Obama 2009.
Zuseher bei der Angelobung Donald Trumps und der seines Vorgängers Barack Obama 2009.REUTERS/Lucas Jackson (L), Stelios Varias/File Photo

Tag 3: "Haben alternative Fakten vorgelegt"

Zwei Tage nach der Angelobung Trumps ging die Diskussion über die Zahl der Teilnehmer bei der Vereidigung am Sonntag weiter. Nun sprang auch Topberaterin Kellyane Conway für ihren Chef und Pressesprecher Sean Spice in die Presche: "Wir sehen uns genötigt, herauszugehen, reinen Tisch zu machen und alternative Fakten zu präsentieren", sagte sie in einem Interview.

Zugleich machte sie klar: Der Ex-Geschäftsmann werde seine Steuerunterlagen nicht veröffentlichen. Die Dokumente interessierten die Menschen nicht, sagte sie. Ihre Aussagen standen allerdings in deutlichem Widerspruch zu einer jüngsten "Washington Post"/ABC-Umfrage, der zufolge 74 Prozent der Amerikaner meinen, dass der milliardenschwere Ex-Immobilienunternehmer seine Steuerunterlagen veröffentlichen sollte.

Trumps Beraterin Kellyanne Conway.
Trumps Beraterin Kellyanne Conway.APA/AFP/JEWEL SAMAD

Tag 4: Trumps Handelskriege beginnen

Trump hatte mit seiner vehementen Opposition gegen die Freihandelsverträge im Wahlkampf für Furore gesorgt - schon am Montag nach seiner Angelobung besiegelte er per Dekret den Ausstieg der USA aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP und setzte damit eines seiner zentralen Wahlversprechen um. Der Vertrag zwischen zwölf Staaten war nach jahrelangen Verhandlungen unter Obama abgeschlossen worden, aber noch nicht in Kraft getreten.

Trump hat auch weitere Handelsabkommen, wie das seit 22 Jahren bestehende nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta mit Kanada und Mexiko, kritisiert und will sie in ihrer jetzigen Form aufheben oder neu aushandeln lassen. Trumps TPP-Ausstieg dürfte allerdings dem von ihm vielfach kritisierten China gefallen. Der Vertrag war darauf angelegt, die wachsende wirtschaftliche Rolle Chinas im Pazifikraum einzudämmen.

Mit einem weiteren Erlass stoppte der Präsident die Finanzhilfen für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im Ausland, die Abtreibungen unterstützen. Damit setzt er eine Regelung wieder in Kraft, die erstmals von Präsident Ronald Reagan eingeführt worden war. Die Regelung wird seit 1984 jeweils im Wechsel von republikanischen Präsidenten eingesetzt und von demokratischen Präsidenten wieder aufgehoben. Für Republikaner eine wichtige Botschaft an streng christlich-religiöse Wählerschichten. 

In einer dritten Amtshandlung verfügte Trump, der den Regierungsapparat als aufgebläht emfpindet, einen Einstellungsstopp für Bundesbehörden und Ministerien, ausgenommen ist das Militär.

Auch die Beziehungen der neuen US-Administration zu den Medien blieben am Montag ein Thema: "Unsere Absicht ist es, Sie nie anzulügen", sagte Pressesprecher Sean Spicer auf Fragen von Journalisten und fügte hinzu: "Manchmal werden wir die Fakten unterschiedlich interpretieren." 

Sean Spicer: "Fakten unterschiedlich interpretieren"
Sean Spicer: "Fakten unterschiedlich interpretieren"APA/AFP/NICHOLAS KAMM

Tag 5: Die Abkehr von Erneuerbaren Energien

Am Dienstag setzte Trump seinen Feldzug gegen die Politik seiner Vorgängerregierung fort: Er unterzeichnete Anordnungen, zwei Pipeline-Projekte neu aufzustellen, die unter Obama gestoppt worden waren. Es handelt sich zum einen um die Keystone-XL-Leitung. Sie soll Öl aus den Teersandvorkommen in der kanadischen Provinz Alberta zu Raffinerien im US-Bundesstaat Texas befördern.

Zum zweiten handelt es sich um die Dakota-Access-Pipeline, die Öl aus dem an Kanada angrenzenden North Dakota zu einem Terminal im Mittelweststaat Illinois transportieren soll. Dieses Projekt hatte erbitterte Proteste von Sioux-Indianern und anderen Umweltaktivisten ausgelöst. Die Ureinwohner wehren sich, weil die Leitung durch heilige Stätten auf dem Land ihrer Vorfahren verlaufen soll. Auch befürchten sie eine Verseuchung ihres Trinkwassers durch Lecks in der Pipeline.

Der Schritt gehört zu dem Konzept Trumps, alte fossile Energieträger zu befeuern. Es bedeutet eine Abkehr vom Konzept Barack Obamas, der im Zuge seiner Klimapolitik auf Erneuerbare Energien setzen und damit auch neue Erlösquellen für die US-Wirtschaft erschließen wollte. So bestimmte der neue Präsident auch, Umweltregulierungen abzubauen: Etwa sollen künftig Umweltbedenken als wichtig deklarierten Infrastrukturprojekten nicht mehr im Weg stehen.

Tag 6: "Wir werden die Mauer bauen"

An seinem sechsten Tag im Amt widmete sich Trump einem seiner größten Wahlkampfversprechen- per Dekret ordnete er am Mittwoch den Bau der Mauer an der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko an. Die Details des Mammutprojekts blieben allerdings völlig ungeklärt, darunter die Finanzierung. Das Projekt könnte bis zu 40 Milliarden US-Dollar (37,23 Mrd. Euro) kosten. Eines ist für Trump aber klar: Letzlich müsse Mexiko für die Baukosten aufkommen. Der mexikanische Präsident Enrique Pena Nieto lehnte dies allerdings strikt ab: "Ich habe es eins ums andere Mal gesagt: Mexiko wird nicht für die Mauer bezahlen", sagte er.

Die Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Die Mauer an der Grenze zu Mexiko.APA/AFP/MARIO VAZQUEZ

Ein weiteres Maßnahmenpaket richtete sich gegen (illegale) Einwanderung: So wies Trump die Behörden an, fürs Erste Bürgern der überwiegend muslimischen Staaten Afghanistan, Irak, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen die Ausstellung von Visa zu verweigern. Dieses Einreiseverbot soll vorerst für 30 Tage gelten, bis neue Visabestimmungen beschlossen wurden. Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme verfügte Trump außerdem, dass das US-Programm zur Aufnahme von syrischen Kriegsflüchtlingen vorerst ausgesetzt wird.

Zudem sollen Städten und anderen Kommunen, die Einwanderer ohne Papiere vor dem Zugriff der Bundesbehörden schützen, Gelder aus der Bundeskasse gestrichen werden. Die Bürgermeister mehrerer Großstädte kündigten daher umgehend ihren Widerstand gegen Trump an.

Auch nach innen ging Trump gegen tatsächliche und eingebildete Bedrohungen vor. Am Mittwoch verkündete er, er verfüge eine "große Untersuchung des Wählerbetrugs, einschließlich derer, die in zwei Staaten zum Wählen eingetragen sind, derer, die illegal, und derer, die eingetragen sind, obwohl sie tot sind. Abhängig von den Ergebnissen werden wir die Wahlvorschriften verschärfen!" In den vergangenen Tagen hatte Trump behauptet, bei der Wahl seien drei bis fünf Millionen Stimmen illegal abgegeben worden. Dies sollen angeblich Einwanderer ohne Stimmrecht gewesen sein.

Tag 7: Trumps erste diplomatische Krise

Das Ungemach am Donnerstag begann mit einem Tweet Donald Trumps auf Twitter. "Wenn Mexiko nicht für die dringend benötigte Mauer zahlen will, dann wäre es besser, das Treffen abzusagen", schrieb er auf der Kurznachrichtenplattform. Das tat Mexikos Präsident Enrique Pena Nieto dann am späten Abend tatsächlich - auf Twitter versteht sich. "Wir haben heute das Weiße Hause informiert, dass ich nicht an dem für nächsten Dienstag geplanten Arbeitstreffen mit dem US-Präsidenten teilnehmen werde", schrieb Pena Nieto auf Twitter.

Da schüttelten sich Pena Nieto und Trump noch die Hände.
Da schüttelten sich Pena Nieto und Trump noch die Hände.(c) REUTERS (� Henry Romero / Reuters)

Verärgert haben dürfte die mexikanische Regierung auch der Vorschlag der US-Administration zur Finanzierung der Mauer. Möglich wäre, den Grenzwall mit einer Steuer in Höhe von 20 Prozent auf Importe aus Mexiko zu finanzieren, sagte Pressesprecher Sean Spicer - unklar ist aber, ob das mit den Regeln des bisher geltenden Freihandelsabkommens Nafta vereinbar wäre. "Wir wollen Steuer auf Importe aus Ländern erheben, mit denen wir ein Außenhandelsdefizit haben", sagte Spicer. Im Falle von Mexiko könnten die USA so pro Jahr zehn Milliarden US-Dollar einnehmen. "Durch diesen Mechanismus können wir die Mauer leicht bezahlen", so Spicer.

Zum Abschluss Trumps erster Woche schoss sich diesmal Stephen Bannon auf die Medien ein. Trumps Spitzenberater sagte in einem Interview der "New York Times", die Medien sollten "den Mund halten und eine Weile einfach nur zuhören". Der frühere Chef des rechtsgerichteten Internetportals "Breitbart" beschrieb die von ihm so bezeichneten "Mainstream-Medien" als die wahre "Oppositionspartei" in Land. Er warf ihnen vor, "dieses Land nicht zu verstehen". Sie begriffen bis heute nicht, "warum Donald Trump der Präsident der Vereinigten Staaten ist". 

Trump mit seinem Top-Berater Bannon.
Trump mit seinem Top-Berater Bannon.APA/AFP/MANDEL NGAN

(APA/AFP)

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