Jemen: Rebellen fuhren Selbstmordangriff gegen Saudi-Fregatte

Die Explosion am Heck der saudischen Fregatte
Die Explosion am Heck der saudischen Fregatte YouTube
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Ein mit Sprengstoff bepacktes Boot knallte im Roten Meer gegen ein saudisches Kriegsschiff der "Al Madinah"-Klasse. Größere Schäden blieben angeblich aus, die Attacke beweist aber die Gefahr, die von winzigen Schnellbooten ausgehen kann.

Der Bürgerkrieg im Wüstenland Jemen, in den seit März 2015 eine von Saudiarabien angeführte Militärkoalition involviert ist, findet immer häufiger auch auf See statt: Am Montag berichteten die schiitischen Houthi-Rebellen, die neben anderen Milizen und abgesprungenen Teilen der Regierungsarmee den westlichen Landesteil beherrschen, sie hätten ein saudisches Kriegsschiff in der Region vor der Küstenstadt Hodeida am Roten Meer mit einer Rakete angegriffen und schwer beschädigt.

Das Schiff, eine Fregatte der "Al Madinah"-Klasse, sei zuvor in Angriffe auf jemenitische Städte und Fischer verwickelt gewesen.

Auf YouTube und anderen Kanälen verbreiteten die Houthi ein unscharfes, verwackeltes und grau-in-grau gehaltenes Video, das den Angriff zeigt (siehe ganz unten). Dabei ereignet sich am Heck der Fregatte eine mächtige Explosion, welcher starke Rauchentwicklung folgt. Das Video wurde offenbar zusammengeschnitten, denn es zeigt das Schiff abwechselnd von steuerbord und backbord, sodass von mehreren Beobachtern auf verschiedenen Positionen - und zwar konkret auf Booten - auszugehen ist.

Aus dem Oberkommando der Koalition, der unter anderem auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, Ägypten, Marokko und der Senegal angehören und die zumindest logistisch und informationstechnisch von Staaten wie den USA und Frankreich unterstützt wird, hieß es später, die Explosion habe zwei Seeleute "zu Märtyrern gemacht", mehrere Männer seien verwundet und das Feuer sei gelöscht worden. Der Angriff sei allerdings nicht von einer Rakete, sondern von drei "Selbstmordbooten" vorgetragen worden. Die Fregatte habe zwei davon abgewehrt - ziemlich widersprüchlich besagt das Statement allerdings auch, dass zwei Boote "später" von Luftwaffeneinheiten zerstört worden seien.

Jedenfalls stieß ein Boot mit dem Heck der Fregatte zusammen und flog in die Luft. Größere Schäden seien ausgeblieben.

Die Fregatte "Al Madinah", Typschiff der gleichnamigen Klasse
Die Fregatte "Al Madinah", Typschiff der gleichnamigen KlasseRoyal Saudi Navy/defence.pk

Seitens der Koalition wurde betont, dass die andauernde Benutzung der Hafenstadt Hodeida, von wo aus die Attacke ihren Ausgang nahm, durch Houthi-Truppen äußerst problematisch sei: Von dort aus könnten "terroristische Operationen" die internationale Seefahrt sowie den Zustrom humanitärer Güter gefährden. Das Rote Meer ist auf Höhe Hodeidas nur etwa 100 bis 120 Kilometer breit, auf der anderen Seite liegt Eritrea.

Welches der gesamt vier Schiffe der Al-Madinah-Klasse der saudischen Flotte getroffen wurde, ist bisher übrigens nicht bekanntgegeben worden. Es ist anhand des Videos auch nicht erkennbar, da man die Kennung am Bug nicht sieht. Die vier Fregatten (Verdrängung 2610 Tonnen) waren in den 1980ern in Frankreich für die Saudis gebaut worden, sie sind mit je acht Seezielraketen des italienischen Typs "Otomat", einem "Crotale"-Luftabwehrraketenstarter, einer Kanone Kaliber 100 Millimeter, zwei 40-mm-Maschinenkanonen, vier Torpedorohren und einem Hubschrauber bewaffnet.

Kleine Boote, große Gefahr

Das Video lässt nicht erkennen, ob die Crew der Fregatte den Angreifer bemerkt und/oder bekämpft hat, es macht jedenfalls nicht den Eindruck, das sei so gewesen. Ob auch Maschinengewehre auf dem saudischen Schiff montiert waren, ist ebenfalls unbekannt, könnte aber für die Frage von Bedeutung sein, wieso sich die kleinen Boote so dicht hatten nähern können: Gerade MG und ähnliche kleinkalibrige Schnellfeuerwaffen sind nämlich angesichts der Gefährdung großer Kriegsschiffe im küstennahen Raum durch sehr kleine und schnelle Boote, deren Bekämpfung durch schwere Waffen schwierig bis unmöglich sein kann, heute besonders wichtig. Nicht zuletzt deshalb packt man etwa auf Schiffe der US Navy und der Royal Navy, die im Persischen Golf operieren, zusätzliche MG, denn der Iran hat dort Dutzende, ja hunderte kleiner und kleinster Schnellboote, die mit Torpedos, Schnellfeuerkanonen und Seezielraketen bewaffnet oder mit Sprengstoff vollgepackt direkt ins Ziel gelenkt werden können.

Berühmt-berüchtigt sind etwa die "Boghammar"-Boote, die der Iran in den 1980ern vom gleichnamigen schwedischen Hersteller kaufte und später nachbaute und/oder ähnliche Fahrzeuge nach deren Vorbild konstruierte. Die US Navy hat ziemlichen Respekt vor den schnellen Flitzern, denn obwohl diese selbst sehr verletzlich sind, sind sie keine leichten Ziele und können kräftig austeilen.

Iranische Schnellboote Typ "Boghammar"
Iranische Schnellboote Typ "Boghammar"FARS

Der jüngste Angriff auf ein Schiff vor dem Jemen ist nicht der erste seiner Art: Im Oktober 2016 wurde ein rund 1800 Tonnen schwerer "Swift"-Katamaran der Emirate, der als Versorger unterwegs war, von einer Seezielrakete des chinesischen Modells "C-802" außer Gefecht gesetzt und später als unreparierbar aufgegeben. Hier ein Video der Houthi von dem Angriff auf das Schiff, das die Emirater übrigens von den USA geleast hatten.

Im selben Monat kamen noch zwei Zerstörer der US Navy unter Raketenbeschuss, konnten die anfliegenden Raketen aber ablenken bzw. abfangen.

Die Houthi-Rebellen der schiitischen Bewegung „Ansar Allah" und zum früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh loyale Armee-Teile bekämpfen in dem Bürgerkrieg die Truppen des international anerkannten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi und andere Gruppen. Die Houthi erhalten dabei hinter den Kulissen Unterstützung aus dem Iran.

>>> Zum Video:

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