Wer plauderte das Telefonat Trump - Turnbull aus?

Während des Gesprächs mit Australiens Regierungschef Turnbull hörten Trump, sein Nationaler Sicherheitsberater, Michael Flynn (Mitte), sein Top-Berater Steve Bannon und Pressesprecher Sean Spicer (nicht im Bild) zu.
Während des Gesprächs mit Australiens Regierungschef Turnbull hörten Trump, sein Nationaler Sicherheitsberater, Michael Flynn (Mitte), sein Top-Berater Steve Bannon und Pressesprecher Sean Spicer (nicht im Bild) zu.APA/AFP
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Australische Medien und Regierungsbeamte fragen sich, wer das Leck gewesen sein könnte. Eine Theorie: Es war Trumps Berater Steve Bannon, der so den Trump-Wählern zeigen wollte, dass man den Flüchtlingsdeal nur widerwillig einhalten wird.

In Australien, das seit Jahrzehnten einer der treuesten Verbündeten der USA im Pazifischen Raum ist und - um nur ein Beispiel zu nennen - über die Jahre hinweg etwa in Vietnam mit mehr als 60.000 Soldaten focht, sorgt das rumplige Telefonat des US-Präsidenten mit Australiens Regierungschef, dem konservativ-liberalen Malcolm Turnbull (62), für Stunk. Immerhin sollte das erste Telefonat zwischen Regierungschefs, so betont die Zeitung "Sydney Morning Herald", eine "einfache Routinesache" sein, ein "Austausch von Höflichkeiten, die gegenseitige Bestätigung der Wichtigkeit der beiderseitigen Beziehungen, vielleicht verbunden mit dem Vorschlag eines Staatsbesuches".

Indes taucht nicht nur in Australien und den USA die Frage auf, wer eigentlich den Inhalt des interkontinentalen Telefonates der "Washington Post", die als erstes Medium darüber berichtet hatte, gesteckt haben könnte. Turnbull dürfte es nicht gewesen sein, immerhin reagierte er sauer, dass es überhaupt dazu gekommen war, und wollte das Gespräch auch in besserem Licht darstellen: "Es hat höflich geendet", sagte er etwa, und dementierte, dass ein grantiger Trump einfach nach 25 Minuten ungewöhnlich früh aufgelegt habe. "Ich bin sehr enttäuscht, dass es ein Leck gegeben hat", ergänzte Turnbull, der aus Sydney stammt.

Nur wenige Zeugen

Redakteurin Stephanie Peatling vom Sydney Morning Herald wies nun darauf hin, dass es, wie zumindest Fotos nahelegen, nur ganz wenige Zeugen des Gesprächs im Büro Trumps im Weißen Haus gab, das bereits am Samstag Washingtoner Zeit stattgefunden hatte: Demnach waren nur Trumps hochgradig umstrittener Chefstratege, Stephen Bannon, der Nationale Sicherheitsberater, Michael Flynn, und Pressesprecher Sean Spicer dabei - dazu auch mindestens ein Fotograf. Vor Turnbull habe Trump am Samstag schon mit mehreren anderen Politikern telefoniert, darunter mit den Präsidenten bzw. Regierungschefs von Japan, Deutschland und Frankreich.

In Australiens Hauptstadt Canberra, so Peatling, und nicht nur dort wird nun spekuliert, ob Bannon das Leck gewesen könnte. Das scheint unwahrscheinlich, immerhin gibt sich der ultrakonservativ-populistische Bannon als härtester Schildknappe Trumps. Eine Theorie in Australien ist aber die: Er habe damit über Umwege zeigen wollen, dass Trump, wenn dieser den von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Flüchtlingsdeal mit Australien letzlich doch einhalten wird, dies nur unter massivem Protest tue.

Besänftigungssignal an eigene Wähler?

Auch seitens der Mitarbeiter Turnbulls heißt es hinter den Kulissen, jemand in Washington habe die Story wohl mit der Absicht geleaked, um die extreme Abneigung Trumps ganz klar publik zu machen. Anders als die anderen Politiker, mit denen Trump am Samstag gesprochen hatte, hatte der Australier nämlich ein wichtiges und konkretes Anliegen abseits des bloßen Austauschs von Höflichkeiten vorgebracht, das er jetzt und gleich geklärt haben wollte: Er wollte von Trump die Versicherung bekommen, dass der erwähnte Flüchtlingsdeal - die Überstellung von etwa 1250 internierten Asylwerbern in die USA - eingehalten wird.

Genau diese Vereinbarung widerspricht einem der Hauptthemen, mit denen Trump die Wahl gewonnen hatte: Dem Versprechen, die (unerwünschte) Einwanderung abzustellen bzw. zu drosseln. Trump wurde daher, so der Sydney Morning Herald, von Turnbull überhaupt erst auf das Abkommen angesprochen, hatte das nicht erwartet und explodierte ("he went nuclear", wie es Peatling ausdrückt).

Nun regne der "fallout" über die US-australischen Beziehungen herab, deren gröbere Beeinträchtigung sich aber auch die USA, die massive Wirtschaftsinteressen auf dem Fünften Kontinent und dort auch Truppen stationiert haben, kaum leisten können. Ob man je herausfinden werde, wer die Bombe überhaupt gezündet habe, dürfte aber wenig wahrscheinlich sein, so der Sydney Morning Herald - wo man übrigens nicht vermutet, dass die "Wanze" vielleicht auf der australischen Seite gesessen sein könnte.

(Sydney Morning Herald/wg)

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