„Als käme Putin nach Hause“

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HUNGARY-RUSSIA-ORBAN-PUTIN(c) APA/AFP/ALEXANDER NEMENOV
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Russlands Präsident und Ungarns Premier demonstrierten Einigkeit – in Wirtschaftsfragen, aber auch in Hinblick auf die Ukraine.

Budapest. „Für Putin ist es, als käme er nach Hause“, titelte die Internetseite des regierungskritischen ungarischen Wochenmagazins „HVG“ zum Besuch des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, in Budapest am Donnerstag. Ganz so war es dann doch nicht: Vor dem Parlament pfiffen Demonstranten, doch der Protest hielt sich in Grenzen.

Tatsächlich war Putin schon vor zwei Jahren da, und seither treffen sich er und der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán, jedes Jahr. Die beiden eint eine Vorliebe dafür, Dinge auf altmodische Art zu entscheiden – per Handschlag zwischen Männern, deren Wort Gesetz ist.

Ihre Interessen sind vereinbar: Die Russen wollen wieder mehr Einfluss in ihrem früheren osteuropäischen Vorgarten, und die Ungarn wollen Geld. Zurück zu Absatzmärkten, die sie einst im Kommunismus in Russland hatten. Ein Hindernis sind allerdings noch die EU-Sanktionen.

Und so ging es beim Treffen zwischen Orbán und Putin vor allem um Geschäfte. Moskau nutzt sie als Einflussmittel, die Ungarn sind mit dem Klingeln der Kasse zufrieden. Vor allem ging es um die geplante Erweiterung des einzigen ungarischen Atomkraftwerks bei Paks, finanziert aus russischen Krediten. Lange schien es so, als werde die EU das Projekt blockieren. Inzwischen aber, so sagte Orbán bei der Pressekonferenz mit Putin, sind die meisten Hindernisse aus dem Weg geräumt. „Die Bauarbeiten werden 2018 beginnen.“

Keine Finanzierungsdiskussionen

Ranghohe Quellen aus Orbáns Umfeld hatten vor dem Besuch angedeutet, dass die Finanzierung des Paks-Projekts bei den Gesprächen thematisiert werden könnte. Weltweit sind die Zinsen für Kredite gesunken, sie sind niedriger als die Konditionen, auf die Ungarn und Russland sich vor zwei Jahren geeinigt hatten. Orbán erkannte die Diskrepanz durchaus an, sagte aber, man habe sich damals auf diese Konditionen geeinigt – und Ungarn werde sie erfüllen.

Dass die Finanzierung entgegen den ursprünglichen Andeutungen aus Regierungskreisen doch nicht zum Thema wurde, könnte bedeuten, dass Orbán vielleicht mehr wollte, aber sein Ziel nicht erreichte. Dafür verpflichtete er sich, russisch-orthodoxe Kirchen im Land auf Staatskosten zu sanieren.

Wichtig aus ungarischer Sicht war das Thema künftiger russischer Gaslieferungen. Theoretisch will Russland ab 2020 überhaupt kein Gas mehr über die Ukraine liefern, aber da es derzeit kaum andere Wege gibt, ist dies ein Problem für das Land. So sprachen die beiden Präsidenten über Optionen: Eine eventuelle Wiederbelebung des einstigen South-Stream-Projekts unter Umgehung der Ukraine oder über die Türkei (Turkish Stream).

Putin sprach eine Garantie aus: Egal, wie, aber Ungarn werde aus Russland immer Gas bekommen. Das bedeute, sagte Putin wie nebenbei, dass auch ein „teilweiser“ Transit über die Ukraine möglich sei – trotz der Drohung, ab 2020 gar nichts mehr über dieses Land zu liefern. Da aus politischen Gründen nicht genügend andere Pipelines gebaut werden können bis dahin – sowohl South Stream als auch Turkish Stream stießen auf Hindernisse –, wird Russland wohl gezwungen sein, die Ukraine doch nicht ganz zu umgehen.

Scharfe Kritik an Kiew

Wladimir Putins Politik gegenüber der Ukraine hat sich aber nicht geändert: Seine Äußerungen zu den neuesten Kämpfen in der Region Donbass klangen drohend. Die Ukraine habe diese Gefechte provoziert, sagte er, und suche nach Gründen, um aus den Minsker Friedensvereinbarungen auszusteigen. Auch Orbán merkte in Richtung Kiew kritisch an: Das Land halte sich nicht an die in Minsk vereinbarten Minderheitenrechte, worunter auch die ungarische Minderheit leide.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2017)

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