Die Islamhasser im Weißen Haus

Ohne sie geht nichts: Wenn Donald Trump mit ausländischen Staatsführern telefoniert, sind Stephen Bannon (rechts) und Michael Flynn stets dabei.
Ohne sie geht nichts: Wenn Donald Trump mit ausländischen Staatsführern telefoniert, sind Stephen Bannon (rechts) und Michael Flynn stets dabei.(c) APA/AFP/MANDEL NGAN (MANDEL NGAN)
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Der neue US-Präsident Donald Trump umgibt sich mit Beratern, die einen apokalyptischen Endkampf des Westens mit dem Islam herbeifantasieren.

Ein strahlender Frühlingstag in Washington D.C. Die Kuppel des Kapitols glänzt in der Sonne, doch etwas stimmt nicht mit der großen Flagge, die über dem Säuleneingang flattert. Da ist es: Statt Stars and Stripes ziert ein Halbmond die Fahne, und nun dringt aus dem Kapitol, Sitz der amerikanischen Volksversammlung, der Ruf des Muezzin zum Gebet: Allahu Akbar!

Mit dieser Szene hätte der Film „Destroying the Great Satan: The Rise of Islamic Facism (sic) in America“ beginnen sollen, den Stephen K. Bannon im Jahr 2007 in einem achtseitigen Entwurf skizzierte. Dieses Papier, welches der „Washington Post“ zugespielt wurde, umreißt in pseudodokumentarischer Form eine Verschwörung radikaler Muslime, deren Ziel die Übernahme aller öffentlichen Funktionen und die Ausrufung der „Islamischen Staaten von Amerika“ sei. Wie gelingt das dieser Minderheit? Durch die naive Mithilfe „der Medien, der amerikanischen jüdischen Gemeinde und der Regierungsagenturen, die Jihadisten beschwichtigen, deren Ziel es ist, eine islamische Republik zu gründen“.

Aus dem Film wurde nichts. Doch die fixe Idee, dass radikale Muslime die USA in einen islamischen Gottesstaat wenden wollen, hat Bannon nicht aufgegeben. Als strategischer Berater von Präsident Donald Trump sitzt er nun an der prominentesten Schaltstelle der Macht, um seine Fantasien von einer endzeitlichen Konfrontation zwischen dem Westen und dem Islam in konkrete Politik umzusetzen.

„Wir sind in einem offenen Krieg gegen jihadistischen islamischen Faschismus“, sagte Bannon im Sommer 2014 vor einem Publikum des Dignitatis Humanae Institute, einer sehr konservativen katholischen Organisation in Rom. „Und dieser Krieg metastasiert schneller, als die Regierungen ihn in den Griff bekommen können.“ In einer seiner Talkradioshows von „Breitbart News“, der rechtspopulistischen Nachrichtenplattform, die er bis Sommer 2016 führte, sagte Bannon am 27. November 2015: „Wir bewegen uns wieder klar auf einen großen Krieg im Nahen Osten zu.“


Flynn-Fakten.
Wann genau aus dem Sohn einer katholischen, John F. Kennedy verehrenden Arbeiterfamilie in Richmond ein rabiater Kulturkämpfer wurde, ist relativ genau festzulegen. Als junger Marineoffizier auf einem Zerstörer im Arabischen Meer erlebte er die Teheraner Geiselkrise 1979 aus größter Nähe mit. „Ich war nicht politisch, bis ich in den Dienst trat und sah, wie arg Jimmy Carter die Dinge vergeigte. Ich wurde ein großer Reagan-Fan“, sagte Bannon im Jahr 2015 zu Bloomberg Businessweek.

Drei Jahre, bevor er seinen letztlich unrealisierten Filmentwurf über die muslimische Machtergreifung verfasste, hatte er mit einer glühenden Biografie von Präsident Ronald Reagan die Aufmerksamkeit republikanischer Kreise gewonnen. 2011 glorifizierte er die schrille ehemalige Vizekandidatin von John McCain, Sarah Palin, in einem Film namens „The Undefeated“. Im selben Jahr traf er erstmals Donald Trump. Damals begann Trump, mit der hartnäckigen Behauptung, Präsident Barack Obama sei nicht in den USA geboren und somit verfassungswidrig im Amt, das politische Potenzial rechtspopulistischer Verschwörungstheorien auszutesten. Bannon lud Trump in der Folge immer wieder in seine Talkshow und schaffte es, sich ihm als graue Eminenz anzudienen.

Mit Michael Flynn, dem früheren Leiter des US-Militärgeheimdienstes und angesehenen Veteranen des Anti-Terrorkampfes in Afghanistan und im Irak, hat Trump nun einen zweiten rabiaten Islamhasser zur Seite. Der neue Nationale Sicherheitsberater sorgte schon in seiner Dienstzeit mit zweifelhaften Annahmen für Kopfschütteln. So behauptet der General in Ruhe zum Beispiel, in den USA greife die Scharia um sich (was sie nachweislich nicht tut). Seine Untergebenen nannten diese Thesen hinter seinem Rücken spöttisch „Flynn-Fakten.“

Flynn beschreibt den militanten Islamismus, den er als existenzielle Bedrohung von globalem Ausmaß bezeichnet, fast wortgleich wie Bannon. Das Problem liegt seiner Ansicht nach nicht in einer falschen oder fanatischen Auslegung des Islam. Vielmehr sei diese Religion das Problem an sich. Der Islam sei keine Religion, sondern eine politische Ideologie, die in ein „bösartiges Krebsgeschwür metastasiert“ sei. „Angst vor Muslimen ist rational“, verkündete Flynn auf Twitter. Sein Stellvertreter als Nationaler Sicherheitsberater, Sebastian Gorka, in London als Sohn ungarischer Flüchtlinge geboren, vertritt wesensgleiche Ansichten und ist das wortgewandte mediale Sprachrohr auf Fox News und in anderen Medien.


Die Lücke, die Obama ließ. Rational ist die Sichtweise, die USA werde demnächst islamistisch gewendet, nicht. Laut dem Pew Research Center leben derzeit rund 3,3 Millionen Muslime in den USA, das ist rund ein Prozent der Bevölkerung. Bis zum Jahr 2050 dürfte sich dieser Anteil verdoppeln. Doch selbst zwei Prozent sind gering. Und nur die wenigsten der Muslime in den USA sind radikal, während viele von ihnen vor religiösem Fanatismus nach Amerika geflohen sind. Doch Bannon, Flynn und die anderen Islamhasser in Trumps Team stoßen in jene Lücke in der öffentlichen Wahrnehmung, die Obama bei vielen Amerikanern hinterlassen hat. Angesichts des Aufstiegs des Islamischen Staates und seiner Mordanschläge in Europa und den USA erfüllte Obamas Bemühen darum, nicht eine ganze Religion zu verurteilen, die Vorstellung jener politischen Korrektheit, die bei Trumps Anhängern so verhasst ist. Für sie klingt Bannons Anrufung eines wehrhaften Christentums, wie er es in seinem Redebeitrag für das Dignitatis Humanae Institute beschwor, reizvoller: „In der langen Geschichte des judäo-christlichen Kampfes gegen den Islam, denke ich, dass unsere Vorväter das Richtige getan haben – ob vor Wien, vor Tours oder andernorts.“

Steckbrief

Stephen Bannon
Der 63-jährige Reagan-Fan, der einer demokratischen Arbeiterfamilie entstammt, gilt als graue Eminenz der Trump-Regierung und als Chefstratege. Der Exchef des ultrarechten Onlineportals Breitbart News hat als Wahlkampfmanager großen Anteil am Sieg Trumps.

Michael Flynn
Der 58-jährige nationale Sicherheitsberater, Exchef des Militärgeheimdiensts DIA, ist wegen seiner Russland-Kontakte in Verruf geraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2017)

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