Stippvisite von Sebastian Kurz in Chişinau und Tiraspol

OSZE-VORSITZENDER KURZ IN MOLDAU: KURZ/ KRASNOSELSKIY
OSZE-VORSITZENDER KURZ IN MOLDAU: KURZ/ KRASNOSELSKIY(c) AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC (DRAGAN TATIC)
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Außenminister Kurz will mit seinem Besuch in der Republik Moldau die Parteien im Transnistrien-Konflikt zu Gesprächen motivieren. In der früheren Sowjetrepublik zeichnen sich innenpolitisch schwierige Zeiten ab.

Chişinau/Tiraspol. Ein Besuch in der international nicht anerkannten Region Transnistrien erfordert diplomatisches Fingerspitzengefühl. Das Auto, das der Delegation unter Leitung von Außenminister Sebastian Kurz von moldauischer Regierungsseite zur Verfügung gestellt wurde, wird vor dem Checkpoint gewechselt. Ein gemeinsames Pressestatement mit Wadim Krasnoselskij, der aus transnistrischer Sicht Staatspräsident des abtrünnigen moldauischen Gebiets ist und den die Internationalen nur unbestimmt als „Leader“ ansprechen, gibt es nicht. Etwas mehr als eine Stunde dauert die Stippvisite – dann geht es in der Autokolonne wieder zurück in die knapp 80 Kilometer entfernte moldauische Hauptstadt Chişinau.

Nach Georgien ist der OSZE-Vorsitzende Kurz am Samstag in die Republik Moldau gereist. Auch hier gibt es einen ungelösten Konflikt. Im Jänner 1990 sagte sich das lang gezogene linke Ufer des Dnjestr, industriell geprägt und mit vorherrschend sowjetischer Identität, von dem nach Unabhängigkeit strebenden Rest-Moldau los. Ein Krieg mit mehr als 1000 Toten war die Folge. Seither verfolgt Tiraspol einen stark an Russland angelehnten Kurs.

Der unlängst ins Amt gewählte Krasnoselskij ist ein Vertreter des einflussreichen Businesskonglomerats „Sheriff“ und dürfte zur Konsolidierung der Macht beitragen. Moldaus Präsident Igor Dodon traf ihn im Jänner in der Stadt Bender. Nicht nur dieses Treffen zeigt, dass anders als im Südossetien-Konflikt in Georgien oder im ukrainischen Donbass die Lage hier entspannter ist, als die dogmatische Rhetorik vorgibt. Autos und Linienbusse verkehren zwischen den Landesteilen, transnistrische Firmen mit moldauischer Registrierung profitieren vom Zollfreiabkommen der EU mit Moldau, die OSZE hat eine Präsenz in Tiraspol.

Hochrangiges Treffen geplant

Ein hochrangiges Vermittlungstreffen im Format „Fünf plus zwei“ (Moldau, Transnistrien, Russland, Ukraine, USA, OSZE und EU) wird von allen Seiten begrüßt. „Wir wollen einen Beitrag leisten, um die Dynamik für eine Lösung zu entfachen“, sagte Kurz in Chişin?u. Sollte der große Wurf scheitern, will man zumindest in Sachbereichen – wie etwa beim Zugang zu Landwirtschaftsflächen und Anerkennung von Schulabschlüssen – vorankommen. Von moldauischer Seite wurde zudem ein Diskussionsvorschlag für die Verhandlungen über einen Sonderstatus der Region vorgelegt. Doch derzeit sind noch zwei Versionen im Umlauf: ein Papier vom Premier, ein zweites vom Präsidenten.

Dieses Detail verweist auf die innenpolitischen Spannungen, die das Land derzeit erlebt. Während die Regierung weiter an der EU-Integration arbeiten und das nach Korruptionsskandalen geknickte Vertrauen der Bevölkerung wieder gewinnen will, kündigt Präsident Dodon eine Abkehr von der EU-Annäherung an. Premier Pavel Filip dagegen will den Reformkurs in Richtung EU fortsetzen: „Nichts kann uns von der europäischen Orientierung ablenken.“ Kontroversen zwischen Präsident und Regierung sind programmiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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