Chinas Rüstungsfortschritt stellt westliche Dominanz in Frage

Chinesische Soldaten bei einer Parade.
Chinesische Soldaten bei einer Parade.APA/AFP/POOL/WANG ZHAO
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Peking rüste sich zu einer militärischen Supermacht auf, während die Verteidigungsausgaben der Nato im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt sänken, heißt es in einer Studie.

Während sich China weiter zu einer militärischen Supermacht aufrüstet, nehmen die Verteidigungsausgaben der Nato ab. Das geht aus dem Jahresbericht über das weltweite militärische Kräfteverhältnis hervor, den das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) am Dienstag in London vorgestellt hat.

Chinas Militärbudget, das sich im vergangenen Jahr auf 145 Milliarden US-Dollar belief, mache mehr als ein Drittel der Verteidigungsausgaben in ganz Asien aus. In einigen Bereichen ziehe die Volksrepublik nahezu mit den militärischen Kapazitäten des Westens gleich, heißt es in dem Bericht zur militärischen Stärke von 171 Ländern. Besonders in der Luftverteidigung sei China eine "schreitende Bedrohung" für die USA.

Chinas Fortschritt bei Forschung und Entwicklung und seine besseren Militärkapazitäten machten den ostasiatischen Giganten zum wichtigsten Innovationsantrieb der US-Verteidigung. China produziere nicht nur immer modernere Verteidigungssysteme, sondern beginne auch, sie ins Ausland zu verkaufen. So sei in Afrika eine Wende zu beobachten: Alte Sowjet-Modelle würden immer öfter durch chinesische Eigenentwicklungen ersetzt. "Chinas militärischer Fortschritt bedeutet, dass die westliche Dominanz im Bereich moderner Waffensysteme nicht mehr länger selbstverständlich genommen werden kann", heißt es.

Vorsprung des Westens verkleinert sich

Auch Russland, das mit der Entwicklung neuer hochtechnologischer Kriegswerkzeuge nach wie vor das größte Sicherheitsrisiko für Staaten in Nord- und Osteuropa bedeute, exportiere Rüstungsprodukte in großem Stil. Aufgrund des florierenden Waffenhandels und der boomenden globalen Rüstungsindustrie, hätten immer mehr Staaten auf der Welt Zugang zu hochtechnologischen Waffen - der Vorsprung des Westens verkleinere sich.

Im Gegensatz dazu erhöhten europäische Staaten ihre Militärausgaben nur allmählich. Europa sei zwar eine der drei Weltregionen, in der die Verteidigungsausgaben im vergangenen Jahr in absoluten Zahlen gestiegen seien. (Die europäischen Nato-Staaten gaben 2016 rund 256 Milliarden US-Dollar für ihre Verteidigung aus, das sind 0,3 Prozent mehr als 2015.) Die Rüstungsinvestitionen blieben allerdings in Proportion zum europäischen Bruttoinlandsprodukt gering. 2012 überholte Asien Europa daher erstmals bei den Verteidigungsausgaben.

So haben dem Bericht zufolge fast alle Nato-Staaten ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Das gelangen neben den USA nur Estland (2,2 Prozent) und Griechenland (2,4 Prozent). 2015 seien es noch vier europäische Länder gewesen, sagte IISS-Generaldirektor John Chipman - darunter etwa Polen.

Die 15 Länder mit den höchsten Militärausgaben 2016.
Die 15 Länder mit den höchsten Militärausgaben 2016.Internationales Institut für Strategische Studien

"Zeigt mir euer Geld" nicht genug

Auch Großbritannien, das wiederholt andere Länder des Verteidigungsbündnisses zur Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels ermahnt hatte, kam laut Chipman nur auf 1,98 Prozent. Dennoch ist das Vereinigte Königreich der einzige europäische Staat, der unter Top-5-Ländern mit den höchsten Verteidigungsausgaben weltweit rangiert. Um ihr Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, hätten die europäischen Nato-Staaten vergangenes Jahr ihre Ausgaben um 40 Prozent erhöhen müssen.

Das Militärbudget der 28 Nato-Staaten wird auch beim Treffen der Verteidigungsminister des Bündnisses am Mittwoch und Donnerstag ein Thema sein. US-Präsident Donald Trump hat wiederholt ein zu geringes Engagement der europäischen Verbündeten in diesem Bereich kritisiert. Während des Wahlkampfes hatte er sogar die Beistandsgarantie für Nato-Mitglieder infrage gestellt, die nicht genug zahlen. 

Er stimme mit Trump überein, dass Länder, die bisher noch nicht bei den zwei Prozent seien, diese Zielmarke erreichen müssten, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Brüssel. Eine faire Lastenteilung im Bündnis stehe "an der Spitze unserer Agenda". "Wichtigste Sache" sei, dass die Verbündeten ihre Verteidigungsausgaben erhöhten und in dieser Frage "liefern".

Doch es sei nicht genug, von den Nato-Staaten nur mehr Geld zu fordern, sagen die Experten von IISS. Statt "Zeigt mir euer Geld" sollte es heißen "Zeigt mir eurer Potenzial". Denn viele Ausgaben würden nicht direkt in für den Militäreinsatz wichtige Mittel fließen, sondern in Kanälen, wie Militärpensionen, versanden.

>>> Bericht des IISS.

(APA/dpa)

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