Trump wankt, doch die Partei stützt ihn

„Gewinnen wie nie, nie zuvor“: Donald Trump am Freitag bei seinem Werksbesuch bei Boeing in North Charleston, South Carolina.
„Gewinnen wie nie, nie zuvor“: Donald Trump am Freitag bei seinem Werksbesuch bei Boeing in North Charleston, South Carolina.(c) APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Trotz Chaos, autoritärer Anklänge und rechtlicher Grenzwertigkeiten sitzt Donald Trump fest im Sattel. Seine Fans lieben ihn, die Republikaner sind ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Der Präsident beendet seine Arbeitswoche mit einer jener per Twitter verbreiteten Frontalattacken, die seine Gegner entsetzen und seine Anhänger begeistern. „Die Fake-News-Medien (die scheiternden ,New York Times‘, NBC News, ABC, CBS, CNN) sind nicht meine Feinde, sie sind die Feinde des amerikanischen Volkes!“, schrieb Donald Trump, ehe er sich für sein drittes von bisher fünf Wochenenden in seinen Millionärsklub in Florida zurückzog.

Die Reaktionen auf diese Ausfälligkeit illustrieren, wieso Trump trotz historisch schlechter Umfragewerte, der strafrechtlichen Ermittlungen gegen mehrere seiner engsten Konfidenten wegen deren möglicher Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst und des unverhüllten Machtgerangels diverser Präsidentenberater im Weißen Haus vorerst fest im Sattel sitzt.


Die ergebene Minderheit. Denn in der Trump-Welt denkt man genau so über die Presse. Laut Gallup finden 74 Prozent der Republikaner, dass die Medien Trump zu hart anfassen. Nur 14 Prozent vertrauen der Presse generell. Im Jahr 1997 waren es noch 41 Prozent. Auch unter selbsterklärten Unabhängigen gibt es heute nur 30 Prozent, die den Medien Vertrauen schenken.

Kurzum: Trumps Angriffe auf die ihm fast durchwegs kritisch gesinnten Zeitungen, Fernsehsender und Internetportale sind an ein Publikum gerichtet, das mit ihm durch dick und dünn gehen würde und dankbar ist, dass er ohne Glacéhandschuhe die von ihnen verachteten kosmopolitisch-abgehobenen Medien attackiert. Das sind, je nach Umfrage, höchstens 35 bis 40 Prozent der Amerikaner. Doch in dieser weltanschaulich und kulturell zutiefst gespaltenen Gesellschaft reicht so eine ergebene Minderheit, um an der Macht zu bleiben. An dieses Publikum wandte sich Trump am Freitag in einer Flugzeugfabrik von Boeing in South Carolina, an dieses Publikum wandte er sich tags darauf bei einer unverblümt als „Wahlkampfrallye“ titulierten Kundgebung in Florida. „Amerika wird wieder zu gewinnen beginnen, zu gewinnen wie nie, nie zuvor“, sagte er im Boeing-Werk und schloss mit „Gott segne Boeing“.

Die Präsidentschaft als permanenter Wahlkampf: Die ersten vier Wochen des 45. Präsidenten legen den Schluss nahe, dass Trump diese moderne amerikanische Politikmaxime auf die Spitze zu treiben plant. Viel anderes bleibt ihm auch nicht übrig. Nur 40 Prozent der Amerikaner heißen laut der neuesten, am Freitag veröffentlichten Gallup-Umfrage seine Amtsführung gut. Das waren um fünf Prozentpunkte weniger als in seiner ersten Woche im Amt. Keiner seiner Vorgänger seit dem Zweiten Weltkrieg war gleich zu Amtsbeginn so unbeliebt. Doch zugleich unterstützen ihn 87 Prozent der Republikaner. Trump ist derzeit bei seinen Parteianhängern beliebter, als es Ronald Reagan im Februar 1981 war.


Nützlich und bedrohlich. Darum gibt es im Kongress mit wenigen Ausnahmen keinen parteiinternen Widerstand gegen Trump. Die Mehrheit der Republikaner im Abgeordnetenhaus ist ohnehin auf Trumps Linie. Sie haben bereits zügig große Teile der Umwelt- und Transparenzregeln abgeschafft, die unter Barack Obamas Präsidentschaft eingeführt wurden. Öl- und Gaskonzerne dürfen dank ihnen nun wieder Methan, das an ihren Quellen austritt, abfackeln. Kohlebergwerksbetreiber müssen sich nicht mehr um die Qualität der Gewässer nahe ihren Stätten kümmern. Und Rohstoffkonzerne dürfen wieder verschweigen, wie viel Geld sie für welche Zwecke an ausländische Regierungen zahlen.

Im Senat wiederum wagen nur jene Republikaner Kritik am Präsidenten, die nach ihrer Wiederwahl im November für sechs Jahre ihres Amtes sicher sind und keine längerfristigen Ambitionen hegen. Männer wie der 80-jährige John McCain also, der zudem trotz großspuriger Worte nur einen von Trumps Kabinettskandidaten abgelehnt hat. „Ich mag das, was er tut, mehr als das, was er sagt“, sagte Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat, am Donnerstag über den Präsidenten zur „Washington Post“.

Doch die Republikaner sind auch Getriebene. Denn wer sich jetzt gegen Trump ausspricht, riskiert die mögliche präsidentielle Unterstützung eines Herausforderers bei den parteiinternen Vorwahlen im kommenden Jahr. Weil nur wenige Amerikaner an diesen Urnengängen teilnehmen, genügt die Organisation einer radikalen Minderheit, um Amtsinhaber zu stürzen. In Virginia zum Beispiel nahmen im Jahr 2014 nur 13,7 Prozent der Wahlberechtigten an jener Vorwahl teil, bei welcher der Mehrheitsführer, Eric Kantor, überraschend gegen den populistischen Trump-Anhänger David Brat verlor.

Umfrage

40 Prozent. Zustimmungsrate für Trump im amerikanischen Volk, laut neuer Umfrage von Gallup.

87 Prozent. Anteil der befragten Republikaner, die Trump unterstützen. Somit hat er derzeit mehr Rückhalt an der eigenen Parteibasis, als es Richard Nixon und Ronald Reagan zum selben Zeitpunkt ihrer Präsidentschaften hatten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2017)

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