In der Vergangenheit hatte Firtasch große Geschicklichkeit gezeigt, sich mit den wechselnden politischen Eliten in der Ukraine zu vernetzen.
Justizverfahren und Haftbefehle in den USA, Österreich, der Ukraine und nun Spanien. Es ist eine regelrechte juristische Odyssee, die der ukrainische Oligarch Dmitri (Dmytro) Firtasch seit Jahren absolviert. Kurz nachdem das Oberlandesgericht Wien am heutigen Dienstag seine Auslieferung an die USA für zulässig erklärte, wurde er aufgrund eines Europäischen Haftbefehls aus Spanien festgenommen.
Auch die spanische Justiz wirft dem Oligarchen Korruption vor. Laut einem Richter in Barcelona hat Firtasch mit zwei weiteren Verdächtigen Geldwäsche durch Immobiliengeschäfte und über Restaurants im Wert von zehn Millionen Euro betrieben. Das Geld soll aus Firmen in Zypern und den Jungfraueninseln stammen. Die US-Justiz kreidete Firtasch an, sich durch die Zahlung von 18,5 Millionen US-Dollar (17,43 Mio. Euro) Mineralabbau-Rechte in Indien gesichert zu haben. Seit März 2014 musste er sich wegen des US-Verfahrens zwangsweise in Wien aufhalten.
Der US-Haftbefehl gegen ihn war von vielen Beobachtern im Zusammenhang mit der kurz davor ausgebrochenen Ukraine-Krise gesehen worden. Der bis dahin einflussreiche "Königsmacher" in der ukrainischen Politik sollte neutralisiert oder als Faustpfand genommen werden, mutmaßten viele. Firtasch hatte sich nach dem Machtwechsel für eine Föderalisierung der Ukraine stark gemacht. Der Konflikt kostete ihn die Kontrolle über lukrative Produktionsstätten auf der Krim und in der Ostukraine.
Vermögen geschrumpft
Firtasch verspürte schon bald Gegenwind von den neuen Machthabern in Kiew, mit denen er sich nach der Maidan-Revolution gut zu stellen suchte. Die mehrheitlich von ihm kontrollierte Nadra-Bank wurde unter Zwangsaufsicht gestellt, ein Kiewer Gericht beschlagnahmte fast 500 Millionen Kubikmeter Gas von Firtasch-Firmen. Sein auf bis zu 3,3 Milliarden Dollar geschätztes Vermögen im Gas-, Banken-, Chemie- und Mediensektor schrumpfte auf ein Zehntel dieses Wertes zusammen.
Die österreichische Justiz schien es zunächst gut mit Firtasch zu meinen. Kurz nach seiner Festnahme wurde er im März 2014 gegen die Zahlung einer Kaution von 125 Millionen Euro auf freien Fuß gesetzt. Er konnte den Abschluss des US-Auslieferungsverfahren im "Goldenen Käfig" seiner Wiener Innenstadtwohnung abwarten. Im April 2015 lehnte dann das Landesgericht Wien seine Auslieferung an die USA ab, doch ging die Staatsanwaltschaft in Berufung.
Kurz zuvor hatte mit der Gründung einer hochkarätig besetzten "Modernisierungsagentur" für seine Heimat gezeigt, wie gut er vernetzt ist. Firtasch konnte im März 2015 den abgetretenen Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) als Leiter der Agentur gewinnen, der frühere deutsche Finanzminister Peer Steinbrück war als Berater ebenfalls an Bord. Das Unternehmen erwies sich aber als allzu durchsichtiges PR-Manöver und verlief schon bald im Sand.
Guter Netzwerker
In der Vergangenheit hatte Firtasch große Geschicklichkeit gezeigt, sich mit den wechselnden politischen Eliten in der Ukraine zu vernetzen. Sein Fernsehsender Inter war während des Maidans monatelang eine zuverlässige Säule des Janukowitsch-Regimes. Doch Tage vor dem Machtwechsel wechselte er die Seiten. Unmittelbar nach diesem soll Firtasch dann zwischen den beiden Prätendenten auf die ukrainische Führung, Witali Klitschko und Petro Poroschenko, vermittelt haben.
Der 1965 im westukrainischen Ternopil geborene Firtasch wurde einer breiteren ukrainischen Öffentlichkeit erst 2006 bekannt. Der Unternehmer hatte sich zwar bereits seit den Neunzigerjahren mit Gashandel beschäftigt, 2004 sorgte ein umstrittener Deal mit Gazprom für internationale Schlagzeilen.
Firtasch hatte damals mit seinem ukrainischen Juniorpartner Iwan Fursin und den Strukturen des russischen Gazprom-Konzerns im Schweizer Kanton Zug ein Joint Venture namens RosUkrEnergo AG gegründet. Diese Firma beschäftigte sich mit dem Export von russischem sowie turkmenischem Gas und verdiente mehrere hundert Millionen Euro als Vermittler zwischen Gazprom und dem ukrainischen Erdgaskonzern Naftogaz.
RosUkrEnergo verlor seine Bedeutung, als die neue ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko Anfang 2009 einen neuen Gasdeal mit Russland ausverhandelte, der sie dann selbst ins Gefängnis brachte. Firtasch blieb aber weiter über sein Firmenimperium, das auch Sitze in Wien und London hat, sichtbar. 2011 wurde er Chef des ukrainischen Arbeitgeberverbandes, und ihm wurde ein gutes Verhältnis zum zwischen 2010 und 2014 regierenden Präsidenten Viktor Janukowitsch attestiert.
(APA)