Allen Frances, Spezialist für narzisstische Persönlichkeitsstörungen, hält den neuen amerikanischen Präsidenten für gefährlich, inkompetent und autokratisch. Doch er warnt Donald Trumps Gegner vor Psychologisierungen.
Viele Leute lesen die Kriterien für die narzisstische Persönlichkeitsstörung, die Sie 1994 für die American Psychiatric Association formuliert haben – Selbstherrlichkeit, das Bedürfnis ständiger Bewunderung, Anspruchsdenken, Mangel an Einfühlungsvermögen, Neid, Arroganz – und schließen: Das trifft auf Donald Trump zu. Doch Sie selbst stellen diese Diagnose nicht? Wieso nicht?
Allen Frances: Man kann ein gigantischer Narzisst sein, ohne eine Geistesstörung zu haben. Narzissmus ist eine häufige Eigenschaft von Spitzenpolitikern. Er hat seinen Nutzen, sonst wäre er nicht Teil des menschlichen Repertoires. Die Diagnose einer Geisteskrankheit sollte für jene Menschen reserviert bleiben, die klinisch signifikant leiden und gesundheitlich beeinträchtigt sind. Sie sollte nicht weitläufig angewendet werden und allerlei Arten schlechten Verhaltens einschließen.