George W. Bush ruft Trump zur Vernunft

US-POLITICS-ART-BUSH
US-POLITICS-ART-BUSH(c) APA/AFP/LAURA BUCKMAN
  • Drucken

In der Nacht zum Mittwoch stellte der Präsident im Kongress sein Programm vor. Ein republikanischer Ex-Präsident übte scharfe Kritik.

Wien/Washington. Donald Trump hielt es in der Nacht zum Mittwoch wie sein Vorgänger vor acht Jahren. Obwohl kaum mehr als einen Monat im Präsidentenamt hatte Barack Obama in einer Rede vor dem Kongress 2009 sein Regierungsprogramm vorgestellt – in einer Ansprache, die in jedem anderen Jahr als „State-of-the-Union-Speech“ bezeichnet wird, als Rede zur Lage der Nation. Mitten in der schwersten Wirtschaftskrise der USA seit der großen Depression der 1930er-Jahre propagierte Obama damals ein Konjunkturprogramm im großen Stil, dem die überwiegende Mehrheit der Republikaner dann die Zustimmung verweigerte. Zumindest in den eigenen Reihen begleiten stets stehende Ovationen diese Ansprachen.

Vorab verteilte der Präsident in einem Interview für seine Lieblingssendung „Fox and Friends“ Noten für sich und die „inkompetente“ Opposition: einen Einser für seine bisherige Bilanz, einen Dreier für die Kommunikation. Nach seiner Inaugurationsrede, bei der er ein düsteres Bild vom Zustand der USA gezeichnet hatte, war Trump darum bemüht, seine Vision von den Vereinigten Staaten zu skizzieren, die Umsetzung seiner Wahlversprechen zu bekräftigen und die Erneuerung des amerikanischen Geists zu beschwören, der angeblich verloren gegangen ist.

Protest hochrangiger Militärs

Zum Anderen erwarteten die Abgeordneten Details für eine Steuer- und Gesundheitsreform, die der Präsident bis dato in seiner kurzatmigen, vollmundigen Ankündigungspolitik schuldig geblieben ist. Auch von einem Investitionsprogramm war zuletzt keine Rede mehr. Dass die Zerschlagung von „Obamacare“ heillos kompliziert ist, gestand Trump indessen bereits ein. Und dass der Budgetentwurf mit einer Aufstockung des Militäretats bei gleichzeitigem Bestand der teuren Sozialprogramme Medicare und Medicaid glatt über die Bühne des Kapitols gehen wird, daran glauben abgebrühte republikanische Budgetprofis ohnehin nicht.

In einem offenen Brief an den Kongress haben 120 hochrangige Ex-Militärs, Prominenz wie Ex-CIA-Chef David Petraeus oder Ex-Nato-Oberbefehlshaber James Stavridis, eindringlich vor massiven Kürzungen im Außenministerium und bei Entwicklungshilfeprogrammen gewarnt. Dies würde die Sicherheit des Landes erst recht in Gefahr bringen, argumentieren sie. „Aus unserer aktiven Zeit in Uniform wissen wir, das es für viele der Krisen, mit denen unsere Nation konfrontiert ist, keine militärische Lösung allein mehr gibt.“

Die Polarisierung des Landes ist weit stärker ausgeprägt als anno 2009 unter Obama, und als Zeichen ihres Protests luden demokratische Parlamentarier Gäste in den Kongress, die wie eine Antithese zur Politik Trumps stehen – einen Flüchtling aus dem Irak, einen irakischen Militär-Dolmetsch, einen iranischen Studenten und illegale Immigranten, die allesamt in den USA leben. Sie sollten durch ihre bloße Anwesenheit den umstrittenen Einreisebann, der noch in dieser Woche neu aufgelegt werden soll, und den Mauerbau zu Mexiko anprangern.

Die Kontroversen, die Donald Trump in seinen ersten Wochen im Weißen Haus hervorrief, lockten unterdessen einen republikanischen Ex-Präsidenten aus der Reserve, der früher selbst im Visier der Kritik gewesen war. George W. Bush lebt zurückgezogen in Dallas und hielt sich mit Kommentaren zur Tagespolitik zurück, stattdessen widmet er sich der Malerei. Um für sein Porträtbuch über Afghanistan- und Irak-Veteranen zu werben, deren Einnahmen karitativen Zwecken zukommt, übte er in Interviews Kritik an Donald Trump und rief ihn zur Räson.

Bushs Plädoyer für die Medien

Bush plädierte für Toleranz, er forderte Antworten im Zusammenhang mit den Vorwürfen zur angeblichen Russland-Connection des Trump-Teams ein und er trat für eine freie Presse ein. „Wir brauchen Medien, um Menschen wie mich zur Verantwortung zu ziehen.“ Das politische Klima bezeichnete Bush als „ziemlich übel“. „Ich mag keinen Rassismus, ich mag keine Beschimpfungen und ich mag nicht, wenn sich Menschen entfremdet fühlen.“ Der Ex-Präsident, der wie der Bush-Clan im Wahlkampf Distanz zu Trump signalisiert hatte, endete mit einem optimistischen Tenor: „Wir sind bereits früher durch solche Phasen gegangen und haben immer einen Weg herausgefunden.“

Wie Bush hielt sich bisher auch Obama – mit Ausnahme eines sanften Seitenhiebs gegen Trumps Einreiseverbot – an die ungeschriebene Regel, die Politik des direkten Nachfolger nicht zu kommentieren. Angesichts von Verdächtigungen Trumps, wonach Obama und seine Leute in den Regierungsbehörden hinter den Demonstrationen, Protesten und Informationslecks stecken würden, ist die Frage, wie lang Obama noch seine Coolness bewahrt. Als er neulich bei Starbucks in New York einen Kaffee holte, brandete jedenfalls demonstrativer Applaus auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

George W. Bush war in seiner Amtszeit auch kein Liebling der Medien.
Außenpolitik

Bush teilt gegen Trump aus: Politisches Klima "ziemlich übel"

In mehreren Interviews äußert sich Ex-US-Präsident George W. Bush über Trumps Stil. "Unabhängige Medien sind nötig, um Menschen wie mich in die Verantwortung zu nehmen".
FILE PHOTO - U.S. President George W. Bush makes a point during his final news conference in Washington
Außenpolitik

George Bush veröffentlicht selbst gemalte Porträts von US-Soldaten

Der ehemalige US-Präsident veröffentlicht ein Buch mit 66 selbstgemalten Porträts von verwundeten und traumatisierten US-Soldaten

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.