USA: Zweiter Anlauf für Einreiseverbot

Erinnerungsfoto an der Brooklyn Bridge in New York. Der Tourismus aus dem Nahen Osten in die USA ist zurückgegangen.
Erinnerungsfoto an der Brooklyn Bridge in New York. Der Tourismus aus dem Nahen Osten in die USA ist zurückgegangen. (c) AFP
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Handwerklich professioneller, in der Substanz relativ unverändert: Ausgenommen sind Iraker sowie Besitzer einer Green Card oder eines Visums.

Wien/Washington. Donald Trumps erstes Dekret für ein Einreiseverbot für sieben mehrheitlich muslimische Staaten hielt nicht einmal eine Woche. Es löste Chaos an den Flughäfen, massive Kritik und weltweite Proteste aus, und als erst ein Bundesgericht im Bundesstaat Washington und in der Folge ein Berufungsgericht in San Francisco die kurzlebige Verfügung des Präsidenten aufhoben, schimpfte Trump auf die „sogenannten“ Richter. Entgegen seiner Ankündigung verzichtete die US-Regierung dann auf einen neuerlichen Einspruch, weil sie offenbar eine weitere Niederlage gegen die Justiz befürchtete. Stattdessen stellte sie eine überarbeitete, „wasserdichte“ Version in Aussicht.

Am Montag unterzeichnete Trump eine neue Version, überließ die Präsentation im Weißen Haus aber Außenminister Rex Tillerson, Justizminister Jeff Sessions und Heimatschutzminister John Kelly. Ausgenommen von dem 90-tägigen Einreisebann sind irakische Staatsbürger, was in Bagdad Jubel auslöste. Offizielle hatten dem US-Außenminister Rex Tillerson zugesichert, dass Bagdad längst einen sorgfältigen Überprüfungsprozess für ausreisewillige Iraker in Gang gesetzt habe und ihre Daten an die USA weiterleite. Die sechs Staaten, die mit einem Einreisverbot belegt sind – Iran, Syrien, Jemen, Somalia, Sudan und Libyen –, seien entweder Sponsoren von Terrorgruppen oder würden als Versteck für Terroristen dienen.

Kooperation mit Irak im Terrorkampf

Die Trump-Regierung hat inzwischen eingesehen, dass die Kooperation mit dem Irak im Kampf gegen die Terrormiliz IS – wie aktuell bei der Rückeroberung des Westteil Mossuls – von großem strategischen Interesse ist. Von dem am 27. Jänner erstmals erlassenen Einreiseverbot waren auch Iraker betroffen, die etwa als Dolmetscher eng mit dem US-Militär zusammengearbeitet hatten. Einige, die auf US-Flughäfen hängengeblieben waren, haben – wie die Besitzer einer Green Card (einer Arbeitserlaubnis) oder eines Visums – für großes Aufsehen gesorgt. Neben irakischen Staatsbürgern sind nun auch diese beiden Personengruppen ausdrücklich von dem Bann ausgenommen.

Der US-Präsident legte einen handwerklich ausgereifteren Entwurf vor, in der Substanz ist er jedoch weitgehend unverändert. Die Regierung in Washington will die 90-Tagesfrist nutzen, um Sicherheitslücken zu schließen. Für Flüchtlinge erstreckt sich das Verbot derweil weiterhin auf 120 Tage.

Die Verordnung tritt mit einer Vorlaufzeit am 16. März in Kraft. Das erste Dekret hatte unmittelbar nach Trumps Unterschrift Gültigkeit erlangt und stiftete umgehend Verwirrung. Viele Passagiere wurden zunächst im Transitbereich festgehalten oder sofort in ihre Heimat zurückgeschickt, obwohl ihr Status nicht geklärt war.

Das Einreiseverbot hat den USA nicht nur einen Imageschaden und eine Klagewelle eingebracht, sondern auch ein Minus im Tourismus. Vor dem Einreiseverbot stiegen die Flugbuchungen in die USA um 3,4 Prozent, nach dem Erlass sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent.

Dass die Entscheidung die US-Gerichte weiterhin beschäftigen wird, gilt als sicher. Die Richter in Seattle und San Francisco erachteten die Verordnung im ersten Anlauf als verfassungswidrig. Zudem seien die Bürger der indizierten Staaten nicht ursächlich mit dem 9/11-Terror in Verbindung zu bringen, lautete das Argument des Richters James Robart. Aus Diplomaten- und Sicherheitskreisen verlautete außerdem, es gebe derzeit keine akute Terrorgefahr, die ein derart rigoroses Einreiseverbot rechtfertigen würde. Dies geht im Übrigen auch aus einem Exposé des Heimatschutzministeriums hervor: „Die Staatsbürgerschaft ist wahrscheinlich kein verlässlicher Indikator für eine potenzielle Terroraktivität.“

Ungeachtet dessen hofft das Weiße Haus auf einen reibungsloseren Ablauf der überarbeiteten Verfügung. Die Annullierung durch die Gerichte war der erste schwere Rückschlag für Donald Trump, der übers Wochenende erneut eine Kontroverse heraufbeschwor. Diesmal richtete sich die Rage gegen seinen Vorgänger Obama.

Verschwörungstheorie gegen Obama

In einer Salve von Tweets hatte er Verschwörungstheorien aus ultrarechten Medien wie Breitbart News aufgegriffen, wonach die Obama-Regierung noch vor der Wahl angeordnet habe, ihn im Trump Tower abzuhören. Trump witterte sogleich einen Skandal in Watergate-Manier, einen „stillen Putsch“ gegen ihn. Sowohl Ex-Geheimdienstkoordinator James Clapper wie auch FBI-Chef James Comey bestritten den Vorwurf energisch. Comey wollte sogar das Justizministerium einschalten, um die Behauptung Trumps zurückzuweisen. Es ist ein unerhörter Vorgang, impliziert er doch, dass Comey den Präsidenten für einen Lügner hält.

Der FBI-Chef, ein Republikaner, gilt als unverdächtig. In der heißen Wahlkampfphase hat er sich den Zorn des Clinton-Teams zugezogen, als das FBI erneut Ermittlungen in Clintons E-Mail-Affäre aufnahm.

AUF EINEN BLICK

Der Einreisestoppbezieht sich auf die Dauer von 90 Tagen und gilt für sechs Staaten: Iran, Syrien, Jemen, Somalia, Sudan und Libyen. Im Vergleich zum ersten Dekret sind irakische Staatsbürger sowie Besitzer einer Green Card und eines gültigen Visums ausgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2017)

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