Türkei wirft Österreich "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor

Erdogan bei einem Auftritt in Österreich.
Erdogan bei einem Auftritt in Österreich.APA/EPA/HANS PUNZ
  • Drucken

Der türkische Vizepremier bezichtigt Wien und Berlin, Terroristen zu unterstützen. Österreichs Außenminister Kurz nennt die Vorwürfe "jenseitig".

Der türkische Vize-Ministerpräsident Nurettin Canikli hat Österreich, Deutschland und den Niederlanden "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vorgeworfen. Er begründete dies am Freitag im Schwarzmeerort Samsun mit der angeblichen Unterstützung, die "allen voran Deutschland, Holland und Österreich" Terroristen zukommen ließen, die in der Türkei Unschuldige ermordeten.

Canikli nannte in diesem Zusammenhang "finanzielle Unterstützung wie auch Unterstützung durch Waffen und moralische Unterstützung". Außerdem böten diese Länder Terroristen Schutz, die aus der Türkei geflohen seien.

"Schädlich für Integration in Österreich"

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz wies am Freitag diese Aussagen „entschieden“ zurück. „Die Vorwürfe sind jenseitig“, sagte Kurz in einer der APA übermittelten Stellungnahme. „Ich fordere die Türkei auf, die türkische Innenpolitik nicht nach Österreich zu tragen. Das ist schädlich für die Integration in Österreich.“

Der türkische Vizepremier Canikli wiederholte auch den Nazi-Vorwurf, den Staatschef Recep Tayyip Erdogan und Außenminister Mevlüt Cavusoglu zunächst im Streit um Wahlkampfauftritte seiner Minister in Deutschland geäußert hatten. Canikli nannte es "äußerst beunruhigend", dass "die Praktiken der Nazis und des Nationalsozialismus" wieder auftauchten. "Heute ist Europa leider keine Region der Freiheiten mehr. Ganz im Gegenteil." Er beklagte zugleich, dass die EU zunehmend "repressiv und autoritär" werde und dort sogar die Meinungsfreiheit bedroht sei.

"Dann verhalte dich halt nicht wie ein Nazi"

Auch die regierungsnahe türkische Zeitung "Günes" befeuerte am Freitag den Streit: Sie ist mit einer Fotomontage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hitlerbart und Nazi-Gruß erschienen. Die Schlagzeile dazu lautete sinngemäß: "Dann verhalte dich halt nicht wie ein Nazi."

Die Zeitung "Aksam" nannte Merkel auf ihrer Titelseite "Kandils große Schwester". Im nordirakischen Kandil hat die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihr Hauptquartier.

Merkel hatte auf die Anschuldigungen zurückhaltend reagiert: "Solche deplatzierten Äußerungen kann man ernsthaft eigentlich gar nicht kommentieren." Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel war nach einem Treffen mit Cavusoglu am Mittwoch in Berlin deutlicher geworden. Er verbat sich weitere Nazi-Vergleiche. "Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf", warnte Gabriel.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Präsident Recep Tayip Erdoğan
Außenpolitik

Erdoğan an EU-Türken: „Macht Kinder“

Der Staatschef will Einfluss der in Europa lebenden Türken ausweiten. Innenminister droht damit, „Zehntausende Flüchtlinge“ nach Europa zu schicken.
Türkische Zeitung zeigt Merkel als weiblichen Hitler.
Konflikt-EU-Türkei

Türkische Zeitung zeigt Angela Merkel als "Frau Hitler"

Üble Fotomontage eines regierungsnahen türkischen Boulevardblattes samt Anmerkung "hässliche Tante". Berlin will sich dennoch nicht reizen lassen.
Rückführung von Flüchtlingen aus Europa in die Türkei
Außenpolitik

Hilfsorganisationen: Türkei-Flüchtlingspakt verursacht "immenses Leid"

Der Pakt zwischen der EU und der Türkei dürfe nicht als Vorlage für weitere Abkommen mit anderen Ländern dienen, heißt es in einem gemeinsamen Bericht von Hilfsorganisationen.
Archivbild: In Griechenland sitzen immer noch Tausende Flüchtlinge fest (Archivbild aus dem Vorjahr)
Europa

Ankaras Drohung, den Flüchtlingspakt aufzukündigen, geht ins Leere

Wieder einmal warnt die Türkei davor, das Flüchtlingsabkommen aufzukündigen und die EU mit Migranten zu überschwemmen. Die Folgen wären aber überschaubar.
Cavusoglu bei einem Wahlkampfauftritt
Türkei

Türkischer Außenminister: "Bald Religionskrieg in Europa"

„Schande, EU!“: Präsident Erdoğan und Außenminister ?avuşoğlu beschwören einen Konflikt zwischen „Kreuz und Halbmond“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.