Unruhe auch in Skandinavien

Widerstand gegen türkische Wahlkampfaktionen. Kopenhagen verschiebt den Besuch des türkischen Premiers Yildirim.

Stockholm/Kopenhagen. Nach der Absage bzw. dem Verbot von Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz sorgen ähnliche Aktionen bzw. mögliche Besuche türkischer Politiker auch in Schweden und Dänemark für Verunsicherung.

Ein Lokal in Stockholm, wo der türkische AKP-Politiker Mehmet Mehdi Eker am Sonntag reden wollte, sagte die Veranstaltung ab. Medienberichten zufolge wollte der Wirt nicht, dass sein Lokal in die Probleme hineingezogen werde. Die AKP ist die Partei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Eine andere türkische Veranstaltung bei Stockholm lief problemlos ab. Eker hatte mehrere Auftritte geplant. In Schweden sollen mindestens 200.000 Menschen türkischen Hintergrunds leben.

Ein Polizeisprecher sagte, man sei in Bereitschaft. Verboten seien solche Veranstaltungen nicht. Aus dem Außenamt hieß es, es herrsche Meinungsfreiheit, alle hätten das Recht, Reden zu halten, einander zu treffen.

Der liberale dänische Ministerpräsident, Lars Løkke Rasmussen, wiederum hat am Sonntag seinen türkischen Kollegen, Binali Yildirim, gebeten, einen für nächste Woche geplanten Besuch im Land zu verschieben. Nach dem „jüngsten Angriff der Türkei auf Holland kann das Treffen nicht unabhängig davon gesehen werden“, teilte Løkke Rasmussens Büro in einer Pressemitteilung mit.

Rückkehr-Aufrufe an Auslandstürken

Yildirim wollte am 19./20. März neben offiziellen Terminen auch an Versammlungen von Türken in Dänemark teilnehmen. Die dänische Regierung sehe die Entwicklungen in der Türkei mit großer Besorgnis, hieß es in der Mitteilung. Ein Treffen mit Yildirim könne als Zeichen interpretiert werden, dass man die Entwicklungen in der Türkei milder betrachte, und das sei nicht so.

In Dänemark sollen mehr als 90.000 Türkischstämmige leben. Seit 2015 stellt Kopenhagen saftige Geldanreize bereit, um solchen eine Rückwanderung schmackhaft zu machen. Auch die türkische Regierung rät Auslandstürken seit längerem, in die alte Heimat zurückzukehren. Junge hätten dort „exzellente Chancen“, so Erdoğan. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2017)

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