Der Mitgliedstaat Türkei blockiert das Nato-Partnerland Österreich auf allen Ebenen. Es steht viel auf dem Spiel, langfristig auch die rot-weiß-rote Friedensmission auf dem Balkan.
Berlin/Wien. Es war eine unverhohlene Drohung. Er werde nun „auf allen Ebenen und bei allen Themen gegen Österreich vorgehen“, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu im Dezember nach dem Veto seines Amtskollegen Sebastian Kurz gegen einen EU-Fortschrittsbericht zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Und Çavuşoğlu meinte es ernst. Zumindest mit Blick auf die Nato. Seit Monaten torpediert die Türkei die Zusammenarbeit des Partnerlands Österreich mit dem transatlantischen Verteidigungsbündnis.
Die ersten Blockaden begannen schon im Sommer 2016. Damals war das Verhältnis nahe am Gefrierpunkt. Ankara empörte sich über die Kritik an den Massenverhaftungen nach dem vereitelten Juli-Putsch. Im August preschte Kanzler Christian Kern europaweit mit der Forderung nach einem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen vor. Die ersten türkischen Nadelstiche folgten. Ankara zog seinen Botschafter aus Wien ab – und entsandte bisher keinen neuen. Auch das österreichische Archäologenteam kann bis heute in Ephesus nicht weiter graben. Ansonsten hielt sich die Türkei zurück. Sowohl in der OSZE als auch in der UNO verzichtete die türkische Diplomatie auf Revanchefouls.
In der Nato jedoch, wo die Türkei stark und das neutrale Österreich lediglich „Partner“ ist, schaltete Erdoğans Regierung auf stur. Es steht viel auf dem Spiel, auf lange Sicht auch das Herzstück der österreichischen Friedensmissionen: der Einsatz am Balkan, die Nato-geführte Kfor-Mission. Setzt Ankara seine Blockade fort, gibt es ein „Problem“, wie es heißt. Das hat mit dem sperrigen Wort „Interoperabilität“ zu tun. Die Türkei verhindert, dass Österreichs Stabsoffiziere an der Einsatzvorbereitung teilnehmen. Doch das Gelingen und die Sicherheit der Soldaten hängen auch davon ab, wie eng sie mit den internationalen Kollegen abgestimmt sind.
Aber es gibt auch die vielen kleinen Schikanen im Alltag der Nato: Wie die „Presse“ erfuhr, wird österreichischen Offizieren im Nato-Militärhauptquartier die Akkreditierung verweigert. Auf Bestreben Ankaras. Nato-Sitzungen mit Partnerstaaten werden abgesagt. Manchmal hören die Diplomaten den Grund für die Absage nur hinter vorgehaltener Hand. Dann wieder steht er offen in Dokumenten. Nach „Presse“-Informationen führt die Türkei in diesen Papieren mehrfach die „provokative und eskalatorische Rhetorik“ Österreichs an. Oder das „Nato Defence College“ in Rom: Die Kurse dort bleiben österreichischen Offiziere derzeit verwehrt.