London wird EU-Austritt am 29. März beantragen

Premierministerin Theresa May
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Die Regierung bestätigte am Montag das Datum für den formalen Brexit-Antrag. Dann tickt die Uhr: Ab Mittwoch nächster Woche haben London und die EU zwei Jahre Zeit, die Details zu verhandeln.

Großbritannien will die Europäische Union am 29. März formal über den Austritt aus der Staatengemeinschaft informieren. Die britische Premierministerin Theresa May werde am Mittwoch in einer Woche auf Grundlage von Artikel 50 der EU-Verträge den Austrittsantrag stellen, sagte ihr Sprecher am Montag in London. Das Königreich habe EU-Ratspräsident Donald Tusk über den Schritt informiert.

Sobald der Antrag eingereicht ist, tickt die Uhr: Die britische Regierung und die EU haben dann genau zwei Jahre Zeit, die Bedingungen für den Abschied des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zu verhandeln. Eine Verlängerung ist nur möglich, wenn alle übrigen 27 EU-Staaten und die Regierung in London dem zustimmen.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 wollen auf einem Sondergipfel über ihre Leitlinien in den Verhandlungen beraten. Ein Datum dafür steht noch nicht fest. Für Samstag ist ein Gipfeltreffen der 27 in Rom angesetzt, bei dem eine Erklärung über den künftigen Weg der Staatengemeinschaft verabschiedet werden soll.

Die EU-Kommission soll von den EU-Staaten ein Mandat erhalten, die Details über die Bedingungen des Austritts zu verhandeln. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde sagte, man sei bereit, die Verhandlungen aufzunehmen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk will nach der Brexit-Erklärung noch im März den anderen Mitgliedstaaten einen Entwurf für die Richtlinien für die Austrittsgespräche vorlegen. Tusk erklärte auf Twitter, er werde innerhalb von 48 Stunden nach Anrufung von Artikel 50 durch Großbritannien den anderen 27 EU-Mitgliedstaaten einen Entwurf für die Brexit-Leitlinien vorlegen.

Gespräche ab dem Frühsommer

EU-Vertretern zufolge dürften die Gespräche mit der britischen Seite dann im Frühsommer beginnen. Bei den Verhandlungen soll es auch um die Frage gehen, wie die finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens gegenüber der EU berechnet werden. Dabei geht es unter anderem um EU-finanzierte Projekte in Großbritannien oder die Beiträge für die Pensionen von EU-Beamten. Medienberichten zufolge könnte sich diese "exit bill" auf etwa 60 Milliarden Euro belaufen. Eine endgültige Summe soll aber erst gegen Ende der Verhandlungen feststehen.

Weitere Themen sind zunächst der Umgang mit EU-Bürgern, die in Großbritannien leben, sowie Briten, die in den anderen Mitgliedsländern wohnen. Der britische Außenminister Boris Johnson will die Rechte der mehr als drei Millionen EU-Bürger nach dem Brexit "so schnell wie möglich" klären, wie er am Montag nach einem Gespräch mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) in London sagte. Kurz betonte, dass die EU-Bürger in Großbritannien - unter ihnen 25.000 Österreicher - "es verdient haben, dass ihr rechtlicher Status möglichst rasch geklärt wird". Dies sei ein "wichtiger Verhandlungspunkt gleich zu Beginn der Verhandlungen".

Eine Landgrenze mit Fragezeichen

Auch die Frage, wie mit der einzigen künftigen Landgrenze der EU mit Großbritannien zwischen Irland und Nordirland umgegangen werden soll, wollen beide Seiten möglichst rasch klären. In den kommenden Monaten steht den Experten auf britischer und EU-Seite jedenfalls eine Mammutaufgabe bevor: Rund 21.000 EU-Regeln und -Gesetze müssten erörtert werden, berichtet die Nachrichtenwebseite "Politico" unter Berufung auf Ausschussberichte des EU-Parlaments. Bei etwa 500 Arbeitstagen bis zum Ausscheiden Großbritanniens werden die Verhandlungspartner demnach täglich etwa 40 Gesetze abarbeiten.

Die Briten hatten im vergangenen Juni in einem historischen Referendum mit einer Mehrheit von rund 52 Prozent für den Brexit gestimmt.

(APA/Reuters/dpa)

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