Der 22-jährige Akbarschon Dschalilow soll sich in der St. Petersburger Metro in die Luft gesprengt haben. Auch am zweiten Sprengsatz fand man seine DNA.
Die russischen Ermittler haben die Erkenntnisse ihrer Kollegen aus Kirgistan bestätigt: Sie identifizierten den mutmaßlichen U-Bahn-Attentäter von St. Petersburg am Dienstag als Akbarschon Dschalilow. Dieser habe die Bombe in dem U-Bahnwaggon deponiert, hieß es in einer Erklärung des Ermittlungsausschusses.
Er habe auch die zweite Bombe gelegt, die aber entschärft wurde. Dies zeigten DNA-Spuren auf der Tasche mit der Bombe. Einige Stunden zuvor hatte der kirgisische Geheimdienst bereits erklärt, Dschalilow habe den Anschlag als Selbstmordattentäter in St. Petersburg verübt. Der 1995 geborene Dschalilow sei russischer Staatsbürger und stamme aus der Region Osch im Süden Kirgistans. Bei dem Anschlag wurden 14 Menschen getötet und 14 weitere verletzt
Laut dem kirgisischen Geheimdienst wurde Jalilov 1995 in Osh geboren, berichtete Reuters. Kirgistan, ein vorwiegend muslimisches Land in Zentralasien, ist ein enger politischer Verbündeter Moskaus und beherbergt eine russische Militärbasis.
Opferzahl auf 14 gestiegen
Zuvor hieß es laut Nachrichtenagenturen, der Verdächtige habe Verbindung zu radikal-islamistischen Gruppen gehabt, die in Russland verboten seien. Bei dem Anschlag kamen mindestens 14 Menschen ums Leben, fast 50 wurden verletzt. Unter den Opfern seien auch drei Ausländer, sagte Gouverneur Georgi Poltawtschenko am Dienstag. Sie stammen aus den zentralasiatischen Ländern Usbekistan und Tadschikistan sowie aus Weißrussland.
Der Anschlag ereignete sich gegen 14.40 Uhr und damit außerhalb der Hauptverkehrszeit. In einem Waggon nahe der Station Sennaja Ploschad wurde laut Interfax eine Splitterbombe gezündet. Die U-Bahn im Zentrum der Stadt fuhr trotz Detonation noch bis zur nächsten Station. Kurz darauf wurde ein selbst gebauter Sprengsatz in der U-Bahnstation am Wosstanija-Platz in der Petersburger Innenstadt "gefunden und rechtzeitig entschärft", wie die russischen Anti-Terror-Behörden mitteilten.
"Alle Anzeichen eines Attentats"
Den vorläufigen Erkenntnissen zufolge habe sich der Sprengsatz in einem Rucksack befunden. Zunächst hatten die Sicherheitsbehörden nach einem Mann gefahndet, der auf Überwachungskameras zu sehen war. Dieser stellte sich aber dann der Polizei und gab an, nichts mit dem Attentat zu tun zu haben.
Der Fahrer der Metro habe nach der Explosion die richtige Entscheidung getroffen, zur nächsten Station weiter zu fahren, erklärten die Ermittler. Dadurch sei eine schnelle Evakuierung möglich gewesen. Bilder des staatlichen Fernsehens zeigten einen Waggon mit herausgesprengter Tür und blutüberströmte Opfer auf dem Bahnsteig. "Ich sah Leute herauskommen, sie waren wie taub, viele hielten sich den Kopf", sagte Galina Stepanowa der Nachrichtenagentur AFP. Sanitäter oder Mitreisende leisteten Erste Hilfe.
Staatschef Wladimir Putin besuchte am Montagabend die Metrostation Technologisches Institut. Er legte Blumen nieder und verharrte in stillem Gedenken. Zuvor hatte Putin eine Sitzung mit Vertretern des FSB, der Rettungskräfte und des Innenministeriums geleitet. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte das Geschehen trage "alle Anzeichen eines Attentats".
"Wachsam und vorsichtig sein"
Zunächst hatte Putin, der sich zum Zeitpunkt der Explosion nahe St. Petersburg aufhielt, erklärt, die Ermittlungen würden in alle Richtungen geführt. Die Justiz eröffnete Ermittlungen nach Paragraph 205 des russischen Strafgesetzbuches, der die Strafbarkeit von Terroranschlägen regelt. Putin selbst hielt sich in der Stadt zu einem Treffen mit Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko auf, bei dem die Nachbarländer ihren Streit über Öl- und Gaslieferungen beilegten.
Sämtliche U-Bahnhöfe von St. Petersburg wurden zunächst geschlossen. Erst am Abend wurde der Betrieb teilweise wieder aufgenommen. Wegen der Explosion wurde drei Trauertage ausgerufen, am Dienstag in St. Petersburg wehten die Flaggen auf Halbmast
Der örtliche Gouverneur Georgi Poltawtschenko mahnte zur Besonnenheit: "Ich appelliere an die Bürger von St. Petersburg und die Gäste der Stadt, im Lichte der Ereignisse wachsam und vorsichtig zu sein und sich verantwortlich zu verhalten." In der Hauptstadt Moskau wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, Details nannten die Behörden nicht. Das französische Innenministerium kündigte an, als Konsequenz aus den Ereignissen in St. Petersburg auch in Paris die Sicherheitsvorkehrungen für den öffentlichen Nahverkehr zu verstärken. In Frankreich herrscht wegen mehrerer Anschläge islamistischer Extremisten der Ausnahmezustand.
Terrorproblem mit Tschetschenen
Russland war in der Vergangenheit mehrmals Ziel von Anschlägen militanter Tschetschenen. Diese konzentrierten sich bisher aber auf Moskau. 2002 kamen 120 Menschen ums Leben als die Polizei das Theater stürmte, in dem sie zuvor als Geiseln genommen worden waren. 2010 starben 38 Personen als zwei Selbstmordattentäterinnen Sprengsätze in der Metro der Hauptstadt zündeten. Führer der Rebellen hatten wiederholt mit weiteren Attacken gedroht. Tschetschenen kämpfen auch an der Seite der Jihadistenmiliz "Islamischen Staates" (IS) in Syrien. Russland hat in dem Konflikt Präsident Bashar al-Assad militärisch unterstützt. Die Behörden haben daher vor allem Rückkehrer von dort im Auge.
US-Präsident Donald Trump sagte dem russischen Staatschef Montagabend seine "volle Unterstützung" zu. "Beide, Präsident Trump und Präsident Putin, haben darin übereingestimmt, dass der Terrorismus entscheidend und schnell bezwungen werden muss", teilte das Weiße Haus nach einem Telefonat der beiden Staatschefs mit.
Auch österreichische Spitzenpolitiker ihr Beileid aus. "Meine Gedanken sind bei den schrecklichen Ereignissen in St. Petersburg. Mein Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Angehörigen", erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen per Twitter. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zeigte sich "entsetzt über die abscheulichen Ereignisse in St. Petersburg", bei denen "viele unschuldige Menschen" ihr Leben verloren hätten. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) plädierte auf Twitter dafür, "die Reihen in der Bekämpfung des Terrorismus zu schließen".
(APA/Reuters)