Trump gibt Obama Mitschuld an Giftgasangriff in Syrien

Donald Trump lässt die Zukunft des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad offen.
Donald Trump lässt die Zukunft des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad offen.(c) APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI (BRENDAN SMIALOWSKI)
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Die Obama-Administration hätte durch ihre Untätigkeit Angriffe wie jenen vom Dienstag ermöglicht. Die syrische Opposition übt Kritik an der neuen Assad-Politik der Trump-Regierung. Russland hält trotz der Giftgas-Vorwürfe an Assad fest.

Es waren Worte, die eigentlich harmlos klingen. Das Schicksal von Syriens Präsident Bashar al-Assad, sagte US-Außenminister Rex Tillerson vor ein paar Tagen bei einem Besuch in der Türkei, "wird vom syrischen Volk entschieden werden". Doch was sich wie eine Selbstverständlichkeit anhörte, markierte tatsächlich nichts anderes als eine Wende in der amerikanischen Syrien-Politik.

Am Dienstag sah sich die Regierung von Donald Trump in der unbequemen Situation, erklären zu müssen, wie sie diese Haltung vertreten und gleichzeitig den jüngsten Giftgaseinsatz in Syrien verurteilen kann. Denn Tillerson hatte in der vergangenen Woche eine Wortwahl übernommen, die seit langem auch Assad selbst und seine Anhänger verwenden - und die sie als Chiffre für die Aussage benutzen, dass Syriens Präsident an der Macht bleibt. Washington rückte damit unter Trump von der Politik seines Vorgängers Barack Obama ab, die dem Machthaber in Damaskus die Hauptverantwortung für den blutigen Konflikt in dem Bürgerkriegsland zuschob und auf seinen Sturz hinarbeitete.

Nach dem schweren Angriff vom Dienstag mit mehreren Dutzend Toten war Trumps Regierung zumindest schnell darin, den Schuldigen auszumachen: die Regierung von Assad. Trumps Sprecher Sean Spicer ging im selben Satz aber sogleich dazu über, Obama eine Mitverantwortung zu geben. Trump schloss sich dem später in einer Mitteilung an. Obama habe solche Angriffe mit seiner Tatenlosigkeit schließlich erst möglich gemacht. "Präsident Obama sagte im Jahr 2010, dass er eine 'rote Linie' gegen die Verwendung chemischer Waffen etablieren werde, und tat dann nichts", heißt es in der präsidentiellen Erklärung.

Kritik an der Wende der US-Strategie kam von der syrischen Oppostiion. Die Äußerungen zur Zukunft Assads würden seine "Verbrechen" begünstigen, sagte der Vize-Präsident der Nationalen Syrischen Koalition, Abdulhakim Bashar, am Mittwoch in Istanbul.

Die US-Regierung unternehme nichts, "um das Regime zu beseitigen, welches das syrische Volk unterdrückt". Washington nehme "eine Zuschauerposition ein und gibt Erklärungen ab, die dem Regime die Möglichkeit geben, neue Verbrechen zu begehen", sagte Bashar. US-Außenminister Rex Tillerson hatte vergangene Woche bei einem Besuch in Ankara gesagt, das syrische Volk müsse selbst über die Zukunft Assads entscheiden. Dies bedeutete eine Abkehr von der Position des früheren US-Präsidenten Barack Obama, der stets gefordert hatte, dass Assad seine Macht abgibt.

Russland: Chemiewaffen-Lager der Rebellen getroffen

Russland nimmt seinen Verbündeten Syrien vor Vorwürfen eines Giftgasangriffs auf Rebellengebiete in Schutz. Die Todesfälle in Khan Sheikhoun seien die Folge eines syrischen Luftangriffs auf ein Chemiewaffen-Lager der Aufständischen, erklärte das russische Militär am Mittwoch. Ein Rebellenkommandant wies dies als Lüge zurück.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow stellte dann klar, Moskau werde den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ungeachtet westlicher Vorwürfe eines Giftgasangriffs weiter unterstützen. "Russland und seine Streitkräfte unterstützen weiterhin die Anti-Terror-Operation der syrischen Armee zur Befreiung des Landes." Das Außenministerium in Moskau nannte Vorwürfe gegen die syrische Luftwaffe wegen des Giftgasangriffs einen "Fake".

Die USA, Großbritannien und Frankreich haben der Regierung in Damaskus vorgeworfen, in dem Ort in der umkämpften Provinz Idlib Giftgas eingesetzt zu haben. Syrien verneint dies. Der UNO-Sicherheitsrat sollte sich im Laufe des Tages mit dem Vorfall befassen. Dort hat Russland ein Veto-Recht.

Einer Beobachtergruppe und Rettungskräften zufolge kamen in Khan Sheikhoun am Dienstag bei einem Luftangriff mindestens 72 Menschen ums Leben, darunter 20 Kinder. Nach Angaben der US-Regierung setzten syrische Kampfflugzeuge das Nervengift Sarin ein, Präsident Donald Trump machte die Regierung von Syriens Staatschef Bashar al-Assad dafür verantwortlich. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel sprach am Mittwoch am Rande der Syrien-Konferenz in Brüssel von einem Kriegsverbrechen. "Die Verantwortlichen des Assad-Regimes für diese Barbarei müssen zur Verantwortung gezogen werden."

"Alle haben gesehen, wie das Flugzeug Gas einsetzte"

Ein russischer Militärsprecher erklärte dagegen über YouTube, die syrischen Kampfjets hätten ein "großes Munitionslager der Terroristen und Militärgerät" bombardiert. "Auf dem Gelände des Depots waren Werkstätten, in denen chemische Munition hergestellt wurde." Der Rebellenkommandant Haj Ali von der Freien Armee von Idlib wies dies als Lüge zurück. "Alle haben gesehen, wie das Flugzeug Gas einsetzte", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Weder gebe es in der Umgebung Militärstellungen noch Orte für den Bau von Chemiewaffen. "Die verschiedenen Oppositionsgruppen sind nicht in der Lage, solche Substanzen herzustellen."

In dem Resolutionsentwurf für den UNO-Sicherheitsrat, in den Reuters Einblick erhielt, wurde eine internationale Untersuchung des Angriffs gefordert. Syrien solle Flugpläne und Logbücher vorlegen und die Namen der Kommandanten nennen. Zudem soll Ermittlern Zugang zu Luftwaffenstützpunkten gewährt werden, von denen aus die Angriffe gestartet worden sein könnten. Die Internationale Gemeinschaft sei "empört darüber, dass wiederholt Menschen in Syrien durch Chemiewaffen getötet und verletzt wurden", heißt es in dem Entwurf.

Der "Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte" zufolge griffen Kampfjets am Mittwoch neue Ziele in Khan Sheikhoun an. Zur Nationalität der Flugzeuge wurden keine Angaben gemacht. Es hätten fünf Angriffe stattgefunden, berichtete die oppositionsnahe Gruppe. Eine Stellungnahme des syrischen Militärs lag zunächst nicht vor.

(APA/dpa)

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