Trumps Wankelmut in der Syrien-Frage

President Donald Trump greets Jordan´s King Abdullah II in Washington
President Donald Trump greets Jordan´s King Abdullah II in Washington(c) REUTERS (YURI GRIPAS)
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Der neue Präsident warnte 2013 seinen Vorgänger Obama vor jenem militärischen Vorgehen gegen das Assad-Regime, das er nun in den Raum stellt.

Washington. In den frühen Morgenstunden des 21. August 2013 schlug rund ein Dutzend mit dem tödlichen Nervengas Sarin versehene Geschosse in mehreren von Regimegegnern beherrschten Vororten von Syriens Hauptstadt, Damaskus, ein. Wie viele Kinder, Frauen und Männer damals getötet wurden, konnte aufgrund der andauernden Kampfhandlungen und der Unzugänglichkeit für die Vertreter freier Medien und Menschenrechtsgruppen nie abschließend erhoben werden. Jedenfalls waren es mehrere hundert; die amerikanische Regierung kam auf Basis ihrer Untersuchung auf mindestens 1429 Todesopfer. Inspektoren der Vereinten Nationen fanden später Reste der Projektile, bei denen es sich um Artilleriemunition aus sowjetischer Fertigung handelt, wie sie die syrischen Regierungstruppen verwenden.

Die Bilder getöteter Kinder gingen damals um die Welt, so, wie sie es nun tun, nachdem am Dienstag ein neuerlicher Giftgasangriff Dutzende Menschen in der Provinz Idlib umbrachte. Doch während Donald Trump nun als Präsident davon spricht, dass dies eine „schreckliche, schreckliche Sache“ sei, die „mehrere meiner Linien überschritten“ habe, blieb der Privatier Donald Trump nach dem wesentlich größeren Giftgasangriff im Spätsommer 2013 ziemlich ungerührt. „Der einzige Grund, warum Präsident Obama Syrien angreifen will, ist, um sein Gesicht wegen seiner sehr dummen Stellungnahme über die rote Linie zu bewahren. Greifen Sie Syrien nicht an! Reparieren Sie die USA!“, tönte Trump am 5. September 2013 auf Twitter. Tags zuvor war Obama am Rande des G20-Treffens in Stockholm danach gefragt worden, wie er auf den syrischen Einsatz chemischer Waffen zu reagieren gedenke; ein Jahr vor diesem Angriff hatte er erklärt, diesfalls wäre eine rote Linie überschritten, die ihn zu einem Militärschlag verpflichten würde.

Trump beließ es vor drei Jahren nicht bei diesem einen Tweet. „Noch einmal, an unseren sehr dummen Führer, greifen Sie Syrien nicht an! Wenn Sie es tun, werden viele schlimme Dinge passieren & aus diesem Kampf bekommen die USA nichts!“, twitterte er ebenfalls am 5. September unter dem ausschließlichen Einsatz von Großbuchstaben. „Präsident Obama, greifen Sie Syrien nicht an. Es gibt keinen Vorteil und enorme Nachteile. Sparen Sie sich Ihr ,Pulver‘ für einen anderen (und wichtigeren) Tag!“, schob er zwei Tage später nach.

Tillerson und Haley ermutigten Assad

Nach dem neuen Angriff vom Dienstag versuchte Trump, die Verantwortung Obama in die Schuhe zu schieben. „Als er diese Linie nicht überschritt, nachdem er die Drohung gemacht hatte, das hat uns weit zurückgesetzt“, sagte Trump und widersprach damit seiner eigenen damaligen Haltung. Trumps UNO-Botschafterin, Nikki Haley, erklärte am Dienstag im Weltsicherheitsrat, Amerika werde nötigenfalls auch ohne Abstimmung mit den anderen Mitgliedern des Rates gegen Assad vorgehen. Doch noch vor wenigen Tagen hatten Haley und Außenminister Rex Tillerson das syrische Regime ermutigt, indem sie erklärten, eine Beendigung des Syrien-Krieges müsse nicht mehr nötigenfalls die Absetzung Assads mit sich bringen. Das war eine klare Abkehr von der bisherigen Haltung Washingtons, derzufolge Assad jegliche Legitimität als Präsident seines Landes verloren habe.

>>> Lesen Sie mehr in unserem Dossier: "Wer in Syrien Krieg führt - und warum".

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2017)

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